OLG Köln, Urteil vom 27.04.2010, Az. 6 U 208/09 – Zuordnungsverwirrung bei Registrierung eines geschützten Namens unter einer ausländischen TLD („fc-bayern.es“)

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Aktenzeichen: 6 U 208/09
Entscheidungsdatum: 27.04.2010
Normen: BGB § 12; MarkenG § 14
Vorinstanz(en): LG Köln, Urteil vom 25.11.2009, Az. 84 O 133/09
Leitsätze der Redaktion:
Im Streit um die Registrierung von Domainnamen kann der Namensschutz gemäß § 12 BGB ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, wenn diese nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen und der Anwendungsbereich des Kennzeichenrechts nicht eröffnet ist. Namensschutz können in diesem Zusammenhang auch aus dem Namen abgeleitete gängige Abkürzungen und Schlagworte genießen.

Eine Zuordnungsverwirrung kann dadurch entstehen, dass ein Dritter einen geschützten Namen unter einer ausländischen (hier: spanischen) Top-Level-Domain registrieren lässt, während der Verkehr auch unter dieser ausländischen Internetadresse regelmäßig den Internetauftritt des eigentlichen Namensträgers vorzufinden erwartet.

OBERLANDESGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Tenor:

1.) Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25.11.2009 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Honoraransprüche der C D Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Höhe von 1.379,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.8.2008 durch Zahlung an die C D Rechtsanwaltsgesellschaft freizustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits verteilen sich wie folgt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten erster Instanz tragen die Klägerin 18 %, der Beklagte 61 % und die frühere Klägerin 21 %; von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster Instanz tragen die Klägerin 23 % und der Beklagte 77 %; die außergerichtlichen Kosten der früheren Klägerin trägt diese selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 23 % und der Beklagte zu 77 %.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jedoch jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Er rügt weiterhin, dass der Parteiwechsel auf Klägerseite nicht sachdienlich sei. Außerdem trägt der Beklagte u.a. vor, namensrechtliche Ansprüche seien wegen der Marke der Klägerin ausgeschlossen. Zudem fehle es für Ansprüche aus § 12 BGB an einer Verletzung schutzwürdiger Interessen der Klägerin. Der Verkehr erwarte nicht, unter der spanischen domain eine Internetseite der Klägerin zu finden, sondern einen spanischen Fanclub. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung hat lediglich insoweit Erfolg, als der Streitwert für die Abmahnung zu hoch angesetzt war, so dass die Gebührenforderung, von der der Beklagte die Klägerin freizustellen hat, auf den ausgeurteilten Betrag zu reduzieren war.

1. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die subjektive Klageänderung auf Klägerseite als sachdienlich zugelassen hat. Ermessensfehler, die insoweit allein mit dem Rechtsmittel der Berufung geltend gemacht werden können (vgl. PG/Geisler, § 263 Rdn. 27), sind nicht ersichtlich, da der Prozessstoff unverändert weiterhin verwertet werden konnte.

2. Zu Recht hat das Landgericht allerdings markenrechtliche Ansprüche der Klägerin verneint. Auch wenn der Beklagte den Verkauf der Domain beabsichtigt haben sollte, liegt darin keine kennzeichenmäßige Benutzung (vgl. BGH GRUR 2009, 685, 688, Tz. 30 – ahd.de).

3. Der Klägerin stand aber ein Unterlassungsanspruch aus § 12 BGB zu; sie kann daher Freistellung von den ihr durch die Abmahnung entstandenen Kosten verlangen.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht namensrechtlichen Ansprüchen nicht entgegen, dass die Klägerin sich auch auf Markenrechte berufen hat. Der Anwendungsbereich des Kennzeichenrechts ist – wie ausgeführt – nicht eröffnet. Daher kann der Namensschutz ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen (BGH GRUR 2008, 1099, 1100 – afilias.de).

b) Den Ausführungen des Landgerichts, dass die Bezeichnung „…“ Namensschutz genießt, ist nichts hinzuzufügen. Es ist seit langem anerkannt, dass auch aus einem Namen abgeleitete Abkürzungen und Schlagworte Namensschutz genießen können. Dass die Bezeichnung „…“ die Voraussetzungen hierfür erfüllt, steht außer Frage.

c) Nach den vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „afilias.de“ (aaO.) aufgestellten Grundsätzen hat das Landgericht auch zu Recht eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin angenommen. Die im Übrigen vergleichbaren Sachverhalte unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der Beklagte den geschützten Namen unter einer ausländischen (nämlich spanischen) Top-Level-Domain hat registrieren lassen. Dies rechtfertigt aber keine andere Beurteilung.

Insbesondere fehlt es nicht an der erforderlichen Zuordnungsverwirrung. Üblicherweise wird der Verkehr bei einer rein namensmäßigen Verwendung eines fremden Namens (also ohne weitere beschreibende Zusätze) im Rahmen einer Internetadresse in der Internetadresse einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des Internetauftritts sehen (BGH, aaO., Tz. 25). Diese Erwartung des Verkehrs gründet sich auf der Verwendung des Namens und besteht daher unabhängig davon, welche Top-Level-Domain dann folgt. So wird der Verkehr auch bei einer .de-Domain, die aus dem Namen eines ausländischen Unternehmens besteht, annehmen, der Internetauftritt stamme von diesem Unternehmen. Für diese Einschätzung ist es unerheblich, ob das Unternehmen im Inland einen Sitz oder eine Niederlassung hat. Es genügt jedenfalls, dass das Unternehmen auch im Inland hinreichend bekannt und/oder geschäftlich tätig ist. Entsprechendes gilt daher für ausländische Domains, die allein aus dem Namen eines deutschen Unternehmens bestehen. Daher wird unter den dargestellten Voraussetzungen auch derjenige, der in Spanien, etwa durch Eingabe des geschützten Namens in eine Suchmaschine, einer domain begegnet, die allein auf diesen Namen abstellt, erwarten, dort den Internetauftritt des Namensträgers vorzufinden. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin in Bezug auf Spanien, weil die über Fußballspiele der von der Klägerin betriebenen Fußballmannschaft in Spanien – wie der Beklagte selbst belegt hat – mit gewisser Regelmäßigkeit berichtet wird und die Klägerin diese Mannschaft auch in Spanien vermarktet.

Der Annahme einer Zuordnungsverwirrung steht es nicht entgegen, dass die Klägerin bzw. die von ihr betriebene Fußballmannschaft – wie der Beklagte behauptet – in Spanien nicht als „…“, sondern als „…“ oder „…“ bekannt ist. Entscheidend ist nicht, ob ein spanischer Fußballfan „…“ kennt, sondern ob derjenige, der auf die Seite „….es“ stößt, annimmt, diese werde von der Klägerin verantwortet. Dies ist aber auch dann zu bejahen, wenn der Zusatz „FC“ in Spanien weniger bekannt sein sollte.

Nach alledem kann auch eine Verletzung schutzwürdiger Interessen der Klägerin nicht zweifelhaft sein. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse, dass derjenige, der eine Internetseite aufruft, von der er annimmt, sie stamme von der Klägerin, dort nicht auf einen Internetauftritt des Beklagten stößt. Schutzwürdige Interessen des Beklagten, die Seite benutzen zu dürfen, sind dagegen nicht erkennbar.

d) Hat der Beklagte also die Namensrechte der Klägerin verletzt, kann die Klägerin die Freistellung von den Kosten der Abmahnung verlangen. Soweit der Beklagte einwendet, die Abmahnung sei nicht auf namensrechtliche Ansprüche gestützt gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist § 12 BGB als Anspruchsgrundlage nicht genannt, die Klägerin hat sich aber ausdrücklich auch darauf berufen, die Klägerin sei unter der Abkürzung „…“ bekannt und nur sie sei berechtigt, den Firmennamen „…“ zu verwenden. Damit hat die Klägerin aber in hinreichender Weise ihr Unterlassungsbegehren auch auf ihr Namensrecht gestützt; die zutreffende Anspruchsgrundlage musste dafür nicht genannt werden (vgl. zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung insoweit Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 12 Rdn. 1.15). Zudem war das zu unterlassende Verhalten in Ziff. 1 der beigefügten Unterlassungserklärung zutreffend beschrieben. Die Aufforderung zu dieser Erklärung lag daher im Interesse des Beklagten (und führt daher zu Ansprüchen der Klägerin aus §§ 683, 670 BGB), weil der Beklagte seine gerichtliche Inanspruchnahme durch diese Erklärung auch dann verhindern konnte, wenn der Anspruch rechtlich fehlerhaft begründet war. Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin darüber hinaus einen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Kosten auch aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten könnte, weil der Beklagte mit dem Namensrecht der Klägerin ein sonstiges, absolutes Recht im Sinne dieser Vorschrift verletzt hat.

e) Die Kosten sind jedoch nur nach einem Streitwert in Höhe von 50.000 € zu berechnen (also 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG, zuzügl. Auslagen gemäß Nr. 7002 VV RVG), so dass sich der zuerkannte Betrag ergibt. Denn bei der Bemessung des Streitwerts ist zu berücksichtigen, dass die spanische domain nur ein Randgeschäft der Klägerin betrifft und ihre Interessen daher in deutlich geringerem Maße verletzt sind, als dies bei einer .de-Domain der Fall wäre.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die subjektive Klageänderung auf Klägerseite ist der Sache nach eine Klagerücknahme, so dass die frühere Klägerin anteilig an den Kosten des ersten Instanz zu beteiligen ist (vgl. PG/Geisler, § 263 Rdn. 24; Zöller/Herget, § 91a Rdn. 13 mwN.). Bei der Kostenverteilung war zu berücksichtigen, dass die Klageänderung vor Eintritt in die mündliche Verhandlung erfolgt ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 19

2. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(Unterschriften)