Patentrecht: Urteile und Beschlüsse

Die nachfolgende Sammlung umfasst einige richtungsweisende Entscheidungen von Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA) sowie des deutschen Bundesgerichtshofs und des deutschen Bundespatentgerichts mit besonderem Schwerpunkt auf Computer-implementierten Erfindungen.

Leitsätze des Gerichts

(…)

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. c und d, Art. 56

a) Anweisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die Anweisung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen, können jedenfalls bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 36 Wiedergabe topografischer Informationen).

b) Dies gilt auch dann, wenn solche Anweisungen zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte führen.

Weiterlesen: BGH-Urteil vom 18. Dezember 2012 – X ZR 3/12 im Volltext

Leitsätze des Gerichts

a) Bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren (Programmen) der elektronischen Datenverarbeitung ist zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt (§ 1 Abs. 1 PatG). Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn diese weitere Prüfung ergibt, dass die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.

b) Ein Verfahren, das der datenverarbeitungsmäßigen Abarbeitung von Verfahrensschritten in netzwerkmäßig verbundenen technischen Geräten (Server, Clients) dient, weist die für den Patentschutz vorauszusetzende Technizität auch dann auf, wenn diese Geräte nicht ausdrücklich im Patentanspruch genannt sind.

Leitsätze des Gerichts

a) Der Gegenstand eines die Wiedergabe topografischer Informationen mittels eines technischen Geräts betreffenden Verfahrens ist nicht nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. c oder d EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn zumindest ein Teilaspekt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre ein technisches Problem bewältigt.

b) Bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit sind nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.

c) Die Auswahl einer für die Navigation eines Fahrzeugs zweckmäßigen (hier: zentralperspektivischen) Darstellung positionsbezogener topografischer Informationen bleibt als nicht-technische Vorgabe für den technischen Fachmann bei der Prüfung eines Verfahrens zur Wiedergabe to-pografischer Informationen auf erfinderische Tätigkeit außer Betracht.

Weiterlesen: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07 im Volltext

US Supreme Court – No 8-964 – „in re Bilski vs. Kappos“

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat mit der Entscheidung „in re Bilski vs. Kappos“ vom 25. Juni 2010 die Vorinstanz bestätigt, wonach die beanspruchte Geschäftsmethode nicht patentfähig ist, jedoch hierfür eine andere Begründung als die Vorinstanz gefunden. Hatte der CAFC noch Geschäftsmethoden schlechthin vom Patentschutz ausgeschlossen, weil sie dem „machine-or-transformation test“ nicht genügten, erfolgt die Zurückweisung des Patentbegehrens mit der Begründung, es erschöpfe sich in abstrakten Ideen und in der Verwendung bekannter Analysemethoden. Den „machine-or-transformation test“ bezeichnet der Supreme Court als nicht mit dem US-Patentgesetz vereinbar, nennt jedoch kein anderes Kriterium zur Beurteilung der Patentfähigkeit von Geschäftsmethoden.

Weiterlesen:

Große Beschwerdekammer des EPA – G 3/08 – „Patentfähigkeit von Computerprogrammen“

In der Stellungnahme G 3/08 äußert sich die Große Beschwerdekammer des EPA zur Patentierbarkeit Computer-implementierter Erfindungen („Software-Patente“). Die Stellungnahme ergeht auf eine Vorlage durch die Präsidentin des EPA gemäß Artikel 112 (1) (b) EPÜ, in der vier Fragen zur Prüfung Computer-implementierter Erfindungen formuliert wurden.

In der Stellungnahme setzt sich die Große Beschwerdekammer zunächst mit der Zulässigkeit der Vorlage auseinander und befindet, dass deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Begründung hierfür: Es gibt keine hinsichtlich der vorgelegten Fragen voneinander abweichenden Entscheidungen zweier Beschwerdekammern im Sinne des Artikels 112 (1) (b) EPÜ.

Dennoch äußert sich die Große Beschwerdekammer zu den vier Fragen der Vorlage und bestätigte die Vorgehensweise der Beschwerdekammern bei der Prüfung Computer-implementierter Erfindungen, soweit sie durch die vorgelegten Fragen erfasst ist.

Weiterlesen:

Technische Beschwerdekammer des EPA 3.5.1 – T 0258/03 – „Auktionsverfahren/ HITACHI“

Schlagworte: „Vorliegen einer Erfindung – Verfahren, das technische Mittel umfasst (bejaht); Erfinderische Tätigkeit: Behandlung nichttechnischer Aspekte“

Leitsätze der Kammer

I. Ein Verfahren, das technische Mittel umfasst, ist eine Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ (abweichend von der Entscheidung T 931/95 – Steuerung eines Pensionssystems/PBS PARTNERSHIP) (s. Nrn. 4.1 bis 4.4 der Entscheidungsgründe).

II. Verfahrensschritte, die Änderungen einer Geschäftsidee zum Inhalt haben und dazu dienen, eine technische Aufgabe zu umgehen, anstatt sie mit technischen Mitteln zu lösen, können nicht zum technischen Charakter des beanspruchten Gegenstands beitragen (s. Nr. 5.7 der Entscheidungsgründe).

Anmerkung

Die Entscheidung stellt zunächst klar, dass die Frage, ob ein Gegenstand nicht gemäß Artikel 52 (2) oder (3) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen ist, also technischen Charakter aufweist, unabhängig vom Stand der Technik zu beurteilen ist. Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands spielen für die Beurteilung dieser Frage also keine Rolle.

Bei einer Mischung von „technischen“ und nicht-technischen“ Merkmalen soll es für das Vorliegen einer Erfindung ausreichend sein, wenn der Gegenstand mindestens ein technisches Merkmal aufweist, vgl. Leitsatz I.

Allerdings sollen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur die technischen Merkmale Berücksichtigung finden, vgl. Leitsatz II. In dieser Hinsicht wird die mit der Entscheidung T0641/00 begründete Vorgehensweise („modified problem-solution approach“) fortgesetzt.

Speziell reine Geschäftsmethoden sollen hiernach keinen Beitrag zum technischen Charakter einer Erfindung liefern können, also niemals eine erfinderische Tätigkeit begründen.

Weiterlesen: T0258/03 im Volltext

Technische Beschwerdekammer des EPA 3.5.1 – T0641/00 – „Zwei Kennungen/ COMVIK“

Schlagworte: „Erfinderische Tätigkeit (verneint)“ – „Aufgabe-Lösungs-Ansatz: Behandlung nichttechnischer Aspekte“

Leitsätze der Kammer

I. Bei einer Erfindung, die aus einer Mischung technischer und nichttechnischer Merkmale besteht und als Ganzes technischen Charakter aufweist, sind in bezug auf die Beurteilung des Erfordernisses der erfinderischen Tätigkeit alle Merkmale zu berücksichtigen, die zu diesem technischen Charakter beitragen, wohingegen Merkmale, die keinen solchen Beitrag leisten, das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht stützen können.

II. Die zu lösende technische Aufgabe ist zwar nicht so zu formulieren, daß sie Lösungsansätze enthält oder die Lösung teilweise vorwegnimmt, doch scheidet ein Merkmal nur deshalb, weil es im Anspruch vorkommt, nicht automatisch für die Formulierung der Aufgabe aus. Insbesondere wenn der Anspruch auf eine Zielsetzung auf einem nichttechnischen Gebiet verweist, darf diese Zielsetzung bei der Formulierung der Aufgabe als Teil der Rahmenbedingungen für die zu lösende technische Aufgabe aufgegriffen werden, insbesondere als eine zwingend zu erfüllende Vorgabe.

Weiterlesen: T0641/00 im Volltext

Anmerkung

Die Entscheidung stellt zunächst klar, dass zur Beurteilung des technischen Charakters die Gesamtheit der Merkmale der Erfindung zu betrachten ist. Des Weiteren definiert die Entscheidung die anzuwendende Vorgehensweise zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von Erfindungen, die aus einer Mischung von „technischen“ und „nichttechnischen“ Merkmalen bestehen. Hiernach sollen die nichttechnischen Merkmale unberücksichtigt bleiben. Die nichttechnischen Merkmale dürfen dann sogar – bei der Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes – in die Formulierung der (objektiven) Aufgabe aufgenommen werden. Dieser Prüfungsansatz wird als „modified problem-solution approach“ bezeichnet.

Die vorliegende Entscheidung führt gewissermaßen zu einer Renaissance der „Kerntherorie“, soweit es um die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei einer Erfindung geht.

Technische Beschwerdekammer des EPA – T 931/95 „Steuerung eines Pensionssystems/ PBS PARTNERSHIP“

Leitsätze der Kammer

1. Es ist ein implizites Erfordernis des EPÜ, dass eine Erfindung technischen Charakter aufweisen muss, um eine Erfindung im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ zu sein (im Anschluss an die Entscheidungen T 1173/97 und T 935/97).

2. Verfahren, bei denen es nur um wirtschaftsorientierte Konzeptionen und Verfahrensweisen für geschäftliche Tätigkeiten geht, sind keine Erfindungen im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ. Ein Verfahrensmerkmal, das die Verwendung technischer Mittel für einen rein nicht-technischen Zweck und/oder zur Verarbeitung rein nicht-technischer Informationen betrifft, verleiht einem solchen Verfahren nicht zwangsläufig technischen Charakter.

3. Eine Vorrichtung, die als eine physikalische Entität oder ein konkretes Erzeugnis anzusehen ist, ist – auch wenn sie sich zur Ausführung oder Unterstützung einer wirtschaftlichen Tätigkeit eignet – eine Erfindung im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ.

4. Das EPÜ entbehrt jeder Grundlage, bei der Prüfung, ob die fragliche Erfindung als eine Erfindung im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ anzusehen ist, zwischen „neuen Merkmalen“ und Merkmalen der Erfindung, die aus dem Stand der Technik bekannt sind, zu unterscheiden. Daher fehlt auch die Rechtsgrundlage, hierbei den so genannten Beitragsansatz anzuwenden (im Anschluss an die Entscheidungen T 1173/97 und T 935/97.

Weiterlesen: T 931/95 im Volltext

Technische Beschwerdekammer des EPA – T 1173/97

Stichwort: „Patentierungsverbot für Computerprogrammprodukte (nicht unter allen Umständen)“

Leitsatz der Kammer

Ein Computerprogrammprodukt fällt nicht unter das Patentierungsverbot nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ, wenn es beim Ablauf auf einem Computer einen weiteren technischen Effekt bewirkt, der über die „normale“ physikalische Wechselwirkung zwischen dem Programm (Software) und dem Computer (Hardware) hinausgeht.

Weiterlesen: T 1173/97 im Volltext

Technische Beschwerdekammer des EPA 3.5.1 – T 0208/84 „VICOM“

Leitsätze der Kammer (übersetzt)

1. Auch wenn die einer Erfindung zugrundeliegende Idee darin gesehen werden kann, in einem mathematischen Verfahren zu liegen, sucht ein Anspruch, der auf einen technischen Prozess gerichtet ist, in welchem das Verfahren verwendet wird, keinen Schutz für eine mathematische Methode als solche nach.

2. Ein bekannter Computer, der eingerichtet ist, gemäß einem neuen Programm zu laufen, kann nicht als zum Stand der Technik gehörig betrachtet werden.

3. Ein Anspruch, der auf einen technischen Prozess gerichtet ist, welcher unter der Kontrolle eines Programmes (durch Hardware oder Software) ausgeführt wird, kann nicht als bezogen auf ein Computerprogramm als solches betrachtet werden.

4. Ein Anspruch, der als auf einen Computer gerichtet zu betrachten ist, welcher eingerichtet ist, um gemäß einem bestimmten Programm (durch Hardware oder Software) zu laufen zum Steuern eines technischen Prozesses, kann nicht als bezogen auf ein Computerprogramm als solches betrachtet werden.

Weiterlesen: T 0208/84 im Volltext

Anmerkung

Grundlegende Entscheidung (von 1986) zu Kombinationen von Rechnern oder Verfahren mit Computerprogrammen, die später unter dem Begriff „Computer-implementierte Erfindungen“ zusammengefasst wurden.

In der Entscheidung wird zunächst klarstellt, dass auch wenn die Erfindung in einer mathematischen Idee liegt, ein technisches Verfahren, welches die mathematische Idee verwendet, dem Patentschutz zugänglich sein kann.

Des Weiteren wird ausgeführt, dass Erfindungen, bei welchen herkömmliche Computer mit Computerprogrammen zusammenwirken, nicht vom Patentschutz ausgeschlossen sind und deren Neuheit durch das (neue) Computerprogramm begründet werden kann (entgegen der damals zum Teil noch vertretenden „Kerntheorie“).

Leitsätze des Gerichts

a) Der aus einem Patent in Anspruch genommene Beklagte kann gegenüber dem Unterlassungsbegehren des klagenden Patentinhabers einwenden, dieser missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit dem Beklagten einen Patentlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen.

b) Missbräuchlich handelt der Patentinhaber jedoch nur, wenn der Beklagte ihm ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hat, an das er sich gebunden hält und das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, ohne gegen das Diskriminierungs- oder das Behinderungsverbot zu verstoßen, und wenn der Beklagte, solange er den Gegenstand des Patents bereits benutzt, diejenigen Verpflichtungen einhält, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft.

c) Hält der Beklagte die Lizenzforderung des Patentinhabers für missbräuchlich überhöht oder weigert sich der Patentinhaber, die Lizenzgebühr zu beziffern, genügt dem Erfordernis eines unbedingten Angebots ein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages, bei dem der Lizenzgeber die Höhe der Lizenzgebühr nach billigem Ermessen bestimmt.

Weiterlesen: Urteil BGH KZR 39/06 im Volltext

Beschluss vom 20.01.2009 – X ZB 22/07

Leitsätze des Gerichts

Jedenfalls dann, wenn das sich einer Datenverarbeitungsanlage bedienende Verfahren in den Ablauf einer technischen Einrichtung eingebettet ist (wie etwa bei der Einstellung der Bildauflösung eines Computertomografen), entscheidet über die Patentierung nicht das Ergebnis einer Gewichtung technischer und nichttechnischer Elemente. Maßgebend ist vielmehr, ob die Lehre bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Lösung eines über die Datenverarbeitung hinausgehenden konkreten technischen Problems dient.

Weiterlesen: Beschluss „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“ BGH X ZB 22/07 im Volltext

Anmerkung

Die BGH-Entscheidung erging in der Rechtsbeschwerde zu einem Patentanmeldeverfahren. Der BGH hob eine negative Entscheidung des BPatG in dieser Sache auf und verwies den Fall zurück an die Vorinstanz.

Die zugrunde liegende Erfindung betraf ein Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevan-ter Daten, bei welchem ein in einer Datenverarbeitungseinrichtung abgelegtes Programmmittel Untersuchungsmodalitäten auswählt und abhängig davon dann den Einsatz der ausgewählten Untersuchungsmodalitäten steuert (beispielsweise die Einstellung der Bildauflösung bei einem Computertomografien).

Das BPatG wies die Anmeldung zurück, weil sie neben nichttechnischen zwar auch techni-sche Gesichtspunkte enthielte, die ersteren aber bei einer Gesamtbetrachtung im Vordergrund stünden, so dass keine Erfindung in Sinne von § 1 (1) des Patentgesetzes vorliege.

In der Entscheidung stellt der BGH zunächst klar, dass ein Computerprogramm oder ein in Verfahrensansprüche gekleideter Gegenstand der datenverarbeitungsmäßigen Abarbeitung, welche der Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von Daten mittels eines technischen Geräts dienen, jeweils die erforderliche Technizität aufweisen. Unerheblich für das Technizitätserfordernis sei, so der Senat weiter, ob der Gegenstand einer Anmeldung neben technischen Merkmalen auch nichttechnische ausweist. Bei einem derartigen Nebeneinander von technischen und nichttechnischen Merkmalen sei Technizität nicht das Ergebnis einer Gewichtung dieser Merkmale. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der BGH-Entscheidung „Logikverifikation„.

Sodann verweist der Senat auf den aus früheren Senatsentscheidungen bekannten Standpunkt, wonach eine Anmeldung, die ein Computerprogramm betrifft, über das Technizitätserfordernis hinaus verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten müsse, die der Lösung eines kon-kreten technischen Problems zum Gegenstand haben. Diese Problemlösung sei bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit in den Blick zu nehmen, führt der BGH weiter aus. Hierbei seien außerhalb der Technik liegende Anweisungen nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen.

Der letzte Satz zeigt, wie problematisch es ist, technische von untechnischen Merkmalen klar zu unterscheiden. Denn wenn ein als „untechnisch“ kategorisiertes Merkmal auf die Lösung des technischen Problems Einfluss nimmt, stellt sich schon die Frage, ob dieses Merkmal wirklich als untechnisch zu bezeichnen ist.

Mit den Ausführungen zur Technizität von Erfindungen, die technische und untechnische Merkmale enthalten, schafft der BGH hingegen Klarheit: Auf eine Gewichtung oder Prägung kommt es nicht an. Für Computerprogramme wird damit allerdings noch nicht viel gewonnen sein, kommt es doch nach wie vor zusätzlich darauf an, dass ein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird.

BGH, Beschl. v. 17. 10. 2001 – X ZB 16/00 (BPatG) „Suche fehlerhafter Zeichenketten“

Leitsätze des Gerichts

1. Das Patentierungsverbot für Computerprogramme als solche verbietet, jedwede in computergerechte Anweisungen gekleidete Lehre als patentierbar zu erachten, wenn sie nur – irgendwie – über die Bereitstellung der Mittel hinausgeht, welche die Nutzung als Programm für Datenverarbeitungsanlagen erlauben. Die prägenden Anweisungen der beanspruchten Lehre müssen vielmehr insoweit der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen.

2. Eine vom Patentierungsverbot erfasste Lehre (Computerprogramm als solches) wird nicht schon dadurch patentierbar, dass sie in einer auf einem herkömmlichen Datenträger gespeicherten Form zum Patentschutz angemeldet wird.

Weiterlesen: Entscheidung „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ im Volltext

BGH, Beschl. v. 11. 5. 2000 – X ZB 15/98 (BPatG) „Sprachanalyseeinrichtung“

Leitsätze des Gerichts

1. Einer Vorrichtung (Datenverarbeitungsanlage), die in bestimmter Weise programmtechnisch eingerichtet ist, kommt technischer Charakter zu. Das gilt auch dann, wenn auf der Anlage eine Bearbeitung von Texten vorgenommen wird.

2. Für die Beurteilung des technischen Charakters einer solchen Vorrichtung kommt es nicht darauf an, ob mit ihr ein (weiterer) technischer Effekt erzielt wird, ob die Technik durch sie bereichert wird oder ob sie einen Beitrag zum Stand der Technik leistet.

3. Dem technischen Charakter der Vorrichtung steht es nicht entgegen, dass ein Eingreifen des Menschen in den Ablauf des auf dem Rechner durchzuführenden Programms in Betracht kommt.

Weiterlesen: Entscheidung „Sprachanalyseeinrichtung“ im Volltext

Anmerkung

Diese Entscheidung stellt eine Abkehr von der bis dahin üblichen Praxis des BGH dar, wonach Computer-implementierte Erfindungen für Anwendungen ohne technischen Zweck wie etwa Textbearbeitung oder betriebswirtschaftliche Aufgaben vom Patentschutz ausgenommen waren.

Des weiteren stellt der BGH klar, dass es bei der Beurteilung technischen Charakters einer Erfindung nicht auf einen (weiteren) technischen Effekt ankommt – im Unterschied zur Praxis des EPA (vgl. T 1173/97).

BGH, Beschl. v. 13. 12. 1999 – X ZB 11/98 (BPatG) „Logikverifikation“

Leitsätze des Gerichts

1. Die Beantwortung der Frage, ob eine auf ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen gerichtete Patentanmeldung die nach § 1 Abs. 1 PatG vorausgesetzte Technizität aufweist, erfordert eine wertende Betrachtung des im Patentanspruch definierten Gegenstandes.

2. Betrifft der Lösungsvorschlag einen Zwischenschritt im Prozess, der mit der Herstellung von (Silicium-)Chips endet, so kann er vom Patentschutz nicht deshalb ausgenommen sein, weil er – abgesehen von den in dem verwendeten elektronischen Rechner bestimmungsgemäß ablaufenden Vorgängen – auf den unmittelbaren Einsatz von beherrschbaren Naturkräften verzichtet und die Möglichkeit der Fertigung tauglicher Erzeugnisse anderweitig durch auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse voranzubringen sucht (Abweichung von BGHZ 115, 23, 30 = GRUR 1992, 36 – Chinesische Schriftzeichen).

Weiterlesen: Entscheidung „Logikverifikation“ im Volltext

BGH, Urt. v. 4. 2. 1992 – X ZB 43/91 (BPatG) „Tauchcomputer“

Leitsätze des Gerichts

(……)

2. Wer Tiefenmesser, Zeitmesser, Datenspeicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandlereinrichtung sowie Anzeigemittel nach einer bestimmten Rechenregel (Programm oder Denkschema), d.h. in Abhängigkeit der anzuzeigenden Gesamtauftauchzeit von durchtauchten Tiefen und Zeiten, betreibt und es ermöglicht, mit Hilfe von Messgeräten ermittelte Messgrößen in der Anzeigeeinrichtung automatisch ohne Einschaltung der menschlichen Verstandestätigkeit anzuzeigen, gibt eine Lehre zum technischen Handeln.

3. Enthält eine Erfindung technische und nicht-technische Merkmale, so ist bei deren Prüfung auf erfinderische Tätigkeit der gesamte Erfindungsgegenstand unter Einschluss einer etwaigen Rechenregel zu berücksichtigen.

Anmerkung

Diese Entscheidung stellt klar, dass die Verarbeitung von Daten, die physikalische (Mess-)Größen repräsentieren, gemäß einer Rechenregel „technisch“ sein kann.

BGH, Beschl. v. 11. 6. 1991 – X ZB 13/88 (BPatG) „Seitenpuffer“

Leitsätze des Gerichts

1. Eine programmbezogene Lehre ist technisch, wenn sie die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitungsanlage als solche betrifft und damit das unmittelbare Zusammenwirken ihrer Elemente ermöglicht (Ergänzung zu BGHZ 67, 22 [29] = NJW 1976, 1936 = LM § 1 PatG Nr. 44 – Dispositionsprogramm).

2. Ein Verfahren, das in der Erfassung und Speicherung der Information über den aktuellen Speicherbereich eines in einer Datenverarbeitungsanlage ablaufenden Rechenprozesses und in einer bestimmten Ladestrategie für einen dem bevorzugten Zugriff unterliegenden, aber nur eine Auswahl von Speicherseiten fassenden Speicher (Seitenpuffer) besteht, betrifft die Funktionsfähigkeit der Datenverarbeitungsanlage als solche; es enthält die Anweisung, die Elemente einer Datenverarbeitungsanlage beim Betrieb unmittelbar auf bestimmte Art und Weise zu benutzen.

3. Ob eine Lehre zum technischen Handeln vorliegt, hängt nicht davon ab, ob die Lehre neu, fortschrittlich und erfinderisch ist.

Anmerkung

Der 3. Leitsatz stellt klar, dass die Frage der Technizität von den übrigen Erfordernissen der Patentierbarkeit getrennt zu beurteilen ist.

BGH, Beschl. v. 1. 6. 1991 – X ZB 24/89 (BPatG) „Chinesische Schriftzeichen“

Leitsatz des Gerichts

Es fehlt an einer Lehre zum technischen Handeln, wenn der Erfolg der zum Patentschutz angemeldeten Lehre mit gedanklichen Maßnahmen des Ordnens der zu verarbeitenden Daten steht und fällt.

Anmerkung

Die Entscheidung ist in dieser Allgemeinheit überholt, vgl. z.B. BGH „Logikverifikation“.

BGH, Urt. v. 11. 3. 1986 – X ZR 65/85 (BPatG) „Flugkostenminimierung“

Leitsatz des Gerichts

Werden bei einem Verfahren (hier: Verfahren zur Minimierung von Flugkosten) sowohl von Naturkräften abgeleitete Messwerte als auch betriebswirtschaftliche Faktoren rechnerisch in der Weise miteinander verknüpft, dass das Ergebnis der Rechnung einen Steuervorgang auslöst (hier: Änderung des Treibstoffdurchsatzes), so ist das Verfahren dann keine der Patentierung zugängliche technische Lehre, wenn die markt- und betriebswirtschaftlichen Faktoren den entscheidenden Beitrag zur Erreichung des erstrebten Erfolgs liefern und die eingesetzten Naturkräfte demgegenüber an Bedeutung zurücktreten.

Anmerkung

Die Entscheidung ist in dieser Allgemeinheit überholt, vgl. z.B. BGH „Sprachanalyseeinrichtung“.

BGH, Beschl. v. 16. 9. 1980 – X ZB 6/80 (BPatG) „Walzstabteilung“

Leitsatz des Gerichts

Rechenprogramme für elektronische Datenverarbeitungsanlagen, bei deren Anwendung lediglich von einer in Aufbau und Konstruktion bekannten Datenverarbeitungsanlage der bestimmungsgemäße Gebrauch gemacht wird, sind auch dann nicht patentfähig, wenn mit Hilfe der Datenverarbeitungsanlage ein Herstellungs- oder Bearbeitungsvorgang mit bekannten Steuerungsmitteln unmittelbar beeinflusst wird (Ergänzung zu BGHZ 67, 22 – Dispositionsprogramm) und BGH in GRUR 1977, 659 – Straken).

Anmerkung

Die Entscheidung ist in dieser Allgemeinheit überholt, vgl. z.B. BGH „Logikverifikation“.

BGH, Beschl. v. 21. 4. 1977 – X ZB 24/74 „Straken“

Leitsatz des Gerichts

Rechenprogramme für elektronische Datenverarbeitungsanlagen, bei deren Anwendung lediglich von einer in Aufbau und Konstruktion bekannten Datenverarbeitungsanlage der bestimmungsgemäße Gebrauch gemacht wird, sind auch dann nicht patentfähig, wenn das bei der Anwendung der Programme erzielte Ergebnis auf technischem Gebiet verwendbar ist (Ergänzung zu BGHZ 67, 22 – Dispositionsprogramm).

Anmerkung

Die Entscheidung stellt zunächst klar, dass es bei der Beurteilung der Technizität eines Rechenprogramms nicht darauf ankommt, ob die Anwendung der Erfindung zu einem Ergebnis auf technischem Gebiet führt. Vielmehr komme es darauf an, ob die Erfindung den Aufbau einer neuen Datenverarbeitungsanlage lehrt (heute überholt, vgl. z.B. BGH „Logikverifikation“).

BGH vom 22. 7. 1976 – Aktz.: X ZB 23/74 (BPatG) „Dispositionsprogramm“

Leitsatz des Gerichts

Organisations- und Rechenprogramme für elektronische Datenverarbeitungsanlagen zur Lösung von betrieblichen Dispositionsaufgaben, bei deren Anwendung lediglich von einer in Aufbau und Konstruktion bekannten Datenverarbeitungsanlage der bestimmungsgemäße Gebrauch gemacht wird, sind nicht patentfähig.

Anmerkung

Die Entscheidung ist in dieser Allgemeinheit überholt, vgl. z.B. BGH „Sprachanalysevorrichtung“.

BPatG, Beschl. Vom 14. 6. 1999 – 20 W (pat) 8/99 (rechtskräftig) „Automatische Absatzsteuerung“

Leitsätze

1. Bei einem „Verfahren zur automatischen Absatzsteuerung von Waren oder Dienstleistungen“ ist durch die Zweckangabe in Verbindung mit weiteren beanspruchten Verfahrensschritten, wonach die Absatzdaten elektronisch erfasst werden und ein angepasster Abgabepreis elektronisch ausgewählt und angezeigt wird, eine Zwischenschaltung der menschlichen Verstandestätigkeit ausgeschlossen und der Einsatz beherrschbarer Naturkräfte verlangt. Das beanspruchte Verfahren erschöpft sich nicht in einer betriebswirtschaftlichen Regel.

2. Der technische Charakter einer Lehre wird nicht dadurch fraglich, dass sie von einem üblichen Rechner nur den bestimmungsgemäßen Gebrauch macht.

BPatG, Beschl. v. 19. 6. 2001 – 17 W (pat) 5/00 „SOM II“

Leitsätze

1. Mit der Lösung des Problems, eine mathematische Abbildung zu finden, die eine anschauliche Darstellung einer gewünschten Zielgröße unter einer Vielzahl von variablen (Prozess-) Größen leistet (SOM), und die auch Rückrechnungen von der Abbildung auf die Prozessgrößen zulässt, wird nicht ein Techniker betraut, der mit dem konkreten Entwurf oder der Verbesserung von technischen oder chemischen Herstellungsprozessen vertraut ist, sondern ein Mathematiker, dem die spezifischen Eigenschaften von verschiedenen mathematischen Abbildungsverfahren bekannt ist.

2. Ist eine profunde Kenntnis der Eigenschaften von mathematischen Abbildungen erforderlich und sind technische Überlegungen, d.h. Überlegungen, die auf eine konkrete Anwendung gerichtet sind, oder eine unmittelbare Auswirkung auf einen Herstellungsprozess bei diesem Verfahren nicht erkennbar, so beruht das Verfahren nicht auf einer technischen Leistung, sondern auf einer mathematischen Methode.

BPatG, Beschl. v. 7. 12. 1999 – 20 W (pat) 14/99 „Gegensprechanlage“

Leitsätze

1. Ist bei einem beanspruchten Arbeitsverfahren eine Handbedienung durch eine Bedienperson nicht zwingend erforderlich, reicht im Hinblick auf die Zuerkennung technischen Charakters die Möglichkeit aus, die Verfahrensschritte ohne menschliche Verstandestätigkeit allein mit technischen Mitteln durchzuführen (Bestätigung BPatGE 40, 250 – Grenzzeichenfreie Räumung; BPatG, Beschl. v. 17. 12. 1997 – 5 W (pat) 4/95; DPMA Bl. f. PMZ 1992, 478 – Hüllkurve).

2. Auch wenn einzelne Schritte eines beanspruchten Arbeitsverfahrens von einer Bedienperson manuell ausgeführt werden, wird es nicht zu einer untechnischen Lehre, wenn die Bedienperson lediglich ausführendes Organ ist ohne abwägend, bewertend oder interpretierend tätig zu werden (Bestätigung BPatGE 36, 77 – Einparkhilfe; BPatG, Beschl. v. 18. 6. 1997 – 9 W (pat) 91/96).

3. Wenn in eine Schaltungsanordnung – hier Signal- und Gegensprechanlage – betreffenden Patentanspruch der Ausdruck „parallel geschaltet“ in mehreren Merkmalsgruppen verwendet wird, kann es sein, dass der verständige Fachmann schon aus dem Anspruchsinhalt heraus – bestätigt durch einen Blick auf die Patentfigur – diesem Ausdruck nicht in allen Merkmalsgruppen dieselbe enge wörtliche Bedeutung beimisst, sondern im Einzelfall sogar zu „in Reihe geschaltet“ richtig stellt und somit die Erfindung ausführen kann.

BPatG, Beschl. v. 21. 1. 1997 – 17 W (pat) 49/94 „CAD/CAM-Einrichtung“

Leitsätze

1. Eine datenverarbeitungsbezogene Lehre, die sich nicht allein in programmiertechnischen Maßnahmen erschöpft, sondern bei der zur Lösung der gestellten Aufgabe eine Auseinandersetzung mit dem Aufbau oder der Arbeitsweise der Datenverarbeitungsvorrichtung unabdingbar erforderlich ist, hat technischen Charakter.

2. Sind dem mit der Lösung einer Aufgabe betrauten Fachmann Kenntnisse in der Programmiertechnik zuzuschreiben, so sind diese Kenntnisse auch bei der Prüfung auf Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen.

BPatG, Beschl. v. 18. 2. 1997 – 23 W (pat) 51/95 „Mikrocomputer“

Leitsätze

Auf dem Gebiet der Halbleitertechnik sind nicht nur das mikroelektronische Halbleitererzeugnis und das eigentliche Herstellungsverfahren selbst, sondern auch schon das so genannten „Layout“ von mikrominiaturisierten integrierten Halbleiterschaltungen dem Patentschutz zugänglich, da die dabei vorgenommene Festlegung der Topographie der Halbleiterschaltung als abschließender Schritt des hardwareorientierten Schaltungsentwurfs und Schnittstelle zum eigentlichen Herstellungsprozess sowohl unter dem Gegenstands- als auch Verfahrensaspekt in aller Regel eine technische Lehre darstellt und auch nicht unter eine der Ausnahmebestimmungen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 PatG fällt. Auch der Umstand, dass für die Topographien von Halbleiterschaltungen weitere rechtliche Schutzmöglichkeiten nach dem Gebrauchsmustergesetz, dem Urhebergesetz und insbesondere auch dem seit 1987 geltenden Halbleiterschutzgesetz, zur Verfügung stehen, ist kein Hinderungsgrund für die Patentierung diesbezüglicher Erfindungen.

BPatG, Beschl. v. 25. 11. 1996 – 20 W (pat) 10/95 „Logikgatter“

Leitsatz

Ein bekanntes Logikgatter wird nicht dadurch neu und erfinderisch, dass die Eingangs- und Ausgangsgrößen begrifflich zu Vektoren zusammengefasst und bestimmte Vektoren als gültig oder ungültig definiert werden.

BPatG, Beschl. v. 12. 11. 1996 – 17 W 23/94 „Patentfähigkeit von Software“

Leitsätze

1. Ein Programm, das aus den Eingaben eines Benutzers eine strukturelle Beschreibung einer Schaltung erstellt, ist nicht patentfähig, weil es keine technische Lehre enthält, sondern nur der Umformung von Daten dient, auch wenn dazu ein Computer verwendet wird, dieser aber keinen neuartigen technischen Aufbau und keine neue Arbeitsweise aufweist.

2. Die Verarbeitung technischer Größen stellt allein noch keine technische Lehre dar, wenn keine unmittelbar von Messgeräten ermittelte Messgrößen verarbeitet (so BGH GRUR 1992, 430 – Tauchcomputer = CR 1992, 6 00m. Anm. Betten) oder angezeigt werden.

3. Programme für Datenverarbeitungsanlagen zur Lösung von betrieblichen Dispositionsaufgaben sind nicht patentfähig (Anschluss an BGH GRUR 1977, 96 – Dispositionsprogramm).

BPatG, Beschl. v. 25. 3. 1996 – 20 W 12/94 „Viterbi-Algorithmus“

Leitsätze

1. Betrifft die beanspruchte Lehre einen Algorithmus mit der Zweckangabe „zum Empfang von über einen gestörten Kanal übertragenen Signalen“, so ist die Lehre inhaltlich auf technische Größe festgelegt und dem Patentschutz zugänglich. Dem technischen Charakter steht nicht entgegen, dass der „Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik“ ausschließlich in der Bereitstellung mathematischer Regeln besteht und damit an sich auf nicht-technischem Gebiet liegt.

2. …

BPatG, Beschl. v. 13. 2. 1992 – 23 W 24/90 „Herstellungsverfahren für ein elektronisches Gerät“

Leitsätze

Eine Lehre, die sowohl von Naturkräften materieller und energetischer Art (Materie, Energie) als auch von Information (in Form von Kenndaten, einer Rechenregel oder eines Computerprogramms) in dem Sinne Gebrauch macht, dass die letztgenannte Entität (Grundgröße) in so „enger Beziehung“ zu den übrigen zum Einsatz kommenden technischen Mitteln steht, dass ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit ein technisches Ergebnis erzielt wird, ist technischer Natur – Weiterbildung der BGH-Rechtsprechung X ZRF 43/91 – „Tauchcomputer“; BIPMZ 1991, 345 – „Seitenpuffer“. Eine solche enge Beziehung ist z.B. dann gegeben, wenn bei einem Herstellungs- und Prüfverfahren für ein elektronisches Gerät eine den jeweiligen Prüfungsschritt dokumentierende Information in dem für die spätere Funktion des Gerätes vorgesehenen Speicherelement dauerhaft abgespeichert wird und zur Steuerung nachfolgender Herstellungs- und Prüfungsschritte dient.

Auch eine als Folge des unmittelbaren technischen Ergebnisses zusätzlich erzielte Wirkung nicht-technischer Art, die zur vorteilhaften weiteren Auswertungen der gespeicherten Information für einen anderen Zweck den Einsatz menschlicher Verstandestätigkeit erfordert, ist dem technischen Charakter der Lehre nicht abträglich.

BPatG, Beschl. v. 7. 12. 1995 – 23 W (pat) 7/94 „Enge Beziehung“

Leitsätze

Eine technische und nicht-technische Merkmale enthaltende Lehre (hier: Verfahren zur Verdrahtung in einer integrierten Halbleiterschaltungsanordnung nach einem Algorithmus) ist technisch, wenn die mit den technischen und nicht-technischen Merkmalen gegebene Gesamtlehre sich nicht in der vom Patentschutz ausgeschlossenen Rechenregel erschöpft, sondern eine so „enge Beziehung“ der Rechenregel mit den beanspruchten technischen Mitteln ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit ein technisches Ergebnis erzielt wird.

Der technische Charakter einer solchen Lehre leidet in einem solchen Falle nicht darunter, dass die der Erfindung zugrunde liegende Idee (Erkenntnis) als auf einem Computerprogramm (hier: einem Verdrahtungsalgorithmus) beruhend angesehen werden kann.