Uniform Domain Name Dispute Policy

  • Zielsetzung der UDRP

    Während sich die Rechtspraxis mit herkömmlichen internationalen Kennzeichenkonflikten im Internet bislang nur selten konfrontiert sah, ist die Zahl der in den vergangenen Jahren vor die Gerichte getragenen internationalen Streitigkeiten wegen missbräuchlicher Domainregistrierungen (sog. Domaingrabbing oder Cybersquatting) kaum noch zu übersehen. Trotz der in materiellrechtlicher Hinsicht in den meisten Rechtsordnungen eindeutigen Rechtslage standen die Rechtsansprüche gegen die missbräuchlichen Domainregistrierungen angesichts der Schwierigkeiten bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Ausland häufig allerdings nur auf dem Papier. Die Kennzeicheninhaber mussten sich daher zunächst vielfach den Gesetzen des »digitalen Klondike«, dem Vergabegrundsatz »first come, first served«, beugen oder sahen sich gezwungen, der Forderung der Cybersqatter nach Zahlung eines »Lösegeld« für die Freigabe des mit dem eigenen Unternehmenskennzeichen oder der eigenen Marke übereinstimmenden Domainnamen nachzukommen. Mit der am 24.10.1999 verabschiedeten Uniform Domainname Dispute Resolution Policy (UDRP) hat die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahrens für Domainnamensstreitigkeiten geschaffen, das die internationale Durchsetzung der kennzeichenrechtlichen Ansprüche gegen missbräuchliche Domainregistrierungen erleichter soll.

  • Unterschiede zur klassischen Schiedsgerichtsbarkeit

    Im Unterschied zum herkömmlichen Schiedsgerichtsverfahren, das eine freiwillige Schiedsabrede der Verfahrensbeteiligten über die außergerichtliche Streitbeilegung voraussetzt, handelt es sich bei der UDRP um ein speziell für Domainnamenskonflikte konzipiertes, quasi-administratives Verfahren, dem sich die Domaininhaber mit der Anerkennung der Domainregistrierungsordnung ihres Registrars unterwerfen. Das Verfahren ist bewusst nicht wie ein rechtsförmiges Verfahren ausgestaltet worden, sondern verzichtet sowohl auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als auch auf eine eigenständige Beweisermittlung und schränkt den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch weit reichende Präklusionsvorschriften im Interesse einer effizienten Verfahrensabwicklung erheblich ein. Dies unterscheidet die UDRP nicht nur von den Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, sondern auch von der klassischen Schiedsgerichtsbarkeit.

  • Vorzüge der UDRP gegenüber der klassischen Schiedsgerichtsbarkeit

    Aus den genannten verfahrensrechtlichen Einschränkungen resultieren zugleich die Vorzüge des Verfahrens. Herausragende Eigenschaft im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ist vor allem die konzeptionell kürzere Verfahrensdauer, die erfahrungsgemäß nicht länger als zwei Monate beträgt. Auch die Verfahrenskosten sind im Vergleich zu den üblicherweise bei internationalen kennzeichenrechtlichen Streitigkeiten anfallenden Kosten gering.

  • Vereinfachte Rechtsdurchsetzung

    Der gegenüber der ordentlichen Gerichtsbarkeit entscheidende Vorteil der UDRP liegt in der vereinfachten Entscheidungsdurchsetzung. Staatsvertragliche Regelungen über die Wirkungserstreckung von ordentlichen Zivilurteilen bestehen lediglich im Rahmen der EuGVVO für die Staaten der EU bzw. nach einigen zweiseitigen Staatsverträgen. Selbst im Anwendungsbereich der EuGVVO sind einstweilige Verfügungen nicht anerkennungsfähig, wenn diese ohne Wahrung rechtlichen Gehörs ergangen sind. Sofern die im Ausland ansässigen Kennzeichenverletzer nicht freiwillig bereit sind, den gegen sie ergangenen Urteilen Folge zu leisten, müssen die Unterlassungs- und Löschungsanordnungen zunächst zeit- und kostenaufwendig anerkannt und vollstreckt werden. In Falle von Domainnamenskonflikten besteht überdies die Gefahr, dass die Domainnamen während des streitigen Verfahrens an Dritte weiter übertragen werden. Die genannten Defizite der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden durch die UDRP vollständig beseitigt. Durch die Einleitung eines UDRP-Verfahrens werden die streitgegenständlichen Domainamen mit einem „Lock-Status“ belegt, der die Übertragung an Dritte verhindert. Ferner sind die Registrare, wenn nicht vom Beschwerdegegner fristgerecht ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten eingeleitet wird, zur Umsetzung der Panel-Entscheidungen verpflichtet, ohne dass es der Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen durch staatliche Stellen bedarf.

  • Bisherige UDRP-Entscheidungspraxis

    Wie die mittlerweile mehr als 27.000 seit Inkrafttreten der UDRP am 1.12.1999 bei den Dispute Resolution Providern ergangenen Entscheidungen zeigen, hat sich die UDRP in den mittlerweile 15 Jahren seit ihrem Inkrafttreten in der Rechtspraxis als wichtigstes außergerichtliches Verfahren zu Lösung von Domainnamenskonflikten etabliert.

Eine Liste der UDRP-Verfahren, an denen wir als Parteivertreter oder Schiedsrichter beteiligt waren, finden Sie hier.

Ein umfassende Analyse der Entscheidungspraxis der UDRP-Schiedsgerichte finden Sie in Bettinger (Hrsg.), „Handbuch des Domainrechts: Nationale Schutzsysteme und internationale Streitbeilegung“, 2. Aufl., Carl Heymanns Verlag, 2017.