steiff.com

Gericht: OLG Stuttgart
Aktenzeichen: 2 W 77/97
Entscheidungsdatum: 03.02.1998
Ein mit dem Namen des Plüschtiereherstellers Steiff identischer Domainname verletzt die Namensrechte bereits dann, wenn beabsichtigt ist, die Domainbezeichnung auch zu nutzen.

In Sachen

(…)

– Beklagter /Beschwerdeführer –

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

(…)

-Klägerin/ Beschwerdegegnerin-

Prozeßbevollmächtigte

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung
des Vors. Richters am OLG Beyerle,
des Richters am OLG Dr. Müller und
des Richters am OLG Oechsner

b e s c h l o s s e n:

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 1. 10. 1997 wird

zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: bis 8.0070,00 DM

GRÜNDE:

I. Die Klägerin stellt hauptsächlich Plüschtiere her. Sie vertreibt diese seit langem unter dem Familiennamen ihrer Gründerin Margarete „Steiff‘. Als die Klägerin beim zuständigen Anbieter die Zuteilung des Domain-Namens „Steiff‘ für das Internet beantragte, stellte sich heraus, daß dort bereits der Beklagte unter dem Domain-Namen „Steiff.com“ eingetragen war. Unter Hinweis darauf wurde die beantragte Registrierung der Klägerin abgelehnt.

Die Klägerin hat darin u.a. eine Verletzung ihres Namensrechts gesehen und den Beklagten, nach vergeblicher Abmahnung, auf Unterlassung der Bezeichnung „Steiff.com‘ oder „Steiff“ als Internetadresse sowie Freigabe der Internetadresse „Steiff.com“ in Anspruch genommen.
Der Beklagte hat seinen Klagabweisungsantrag damit begründet, die Klage sei schon unzulässig, weil das Landgericht Stuttgart örtlich nicht zuständig sei. Im übrigen sei sie nicht begründet, weil Internet-Domains keine Kennzeichnungs- und damit keine Namensfunktion i. S. von § 12 BGB hätten.
Nach übereinstimmender Erledigterklärung der Hauptsache hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits gern. § 91 a ZPO dem Beklagten auferlegt.
Mit seiner dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde will der Beklagte die Korrektur dieser Kostenentscheidung des Landgerichts zu seinen Gunsten erreichen.
Er rügt, das Landgericht Stuttgart habe rechtsfehlerhaft seine örtliche Zuständigkeit auf § 32 ZPO gestützt, obwohl der Beklagte nicht Internet-Nutzer in Deutschland, sondern solche in den USA habe ansprechen wollen. Deshalb sei die Klägerin gehalten gewesen, den Beklagten an seinem Wohnsitzgericht Hildesheim zu verklagen. Im übrigen sei die Klage auch nicht begründet gewesen, weil die bloße Reservierung einer Domain-Bezeichnung noch kein Gebrauch eines fremden Namens sei. Selbst wenn man aber dieser Auffassung nicht folge, fehle es an der für einen Anspruch nach § 12 BGB notwendigen konkreten Identitätsverwirrung. Denn der Domain-Bezeichnung „Steiff.com“ fehle im Gegensatz zur Domain-Bezeichnung „Steiff.de“ jeglicher Lokalbezug.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist statthaft, in der Sache aber ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht die Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt der beiderseitigen Erledigungserklärungen bejaht und deshalb nach billigern Ermessen dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (§ 91 a ZPO). An dieser Beurteilung ist auch im Beschwerdeverfahren festzuhalten.
a) Die fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts kann der Beklagte im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr rügen (§ 512 a ZPO analog).
Die genannte Vorschrift gilt unmittelbar zwar nur für erstinstanzliche Urteile; entsprechend aber auch für Beschlüsse. Denn Sinn und Zweck des § 512 a ZPO liegt darin, die Berufungsinstanz von Zuständigkeitsstreitigkeiten zu entlasten. Dieser Zweck trifft auf das Beschwerdeverfahren nicht minder zu, als auf das Berufungsverfahren (BGH WM 1992, 415; Thomas-Putzo, 20. A., § 512 a ZPO Rz. 3).
Etwas anderes gilt zwar für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Deren Fehlen rügt der Beklagte aber nicht. Dies zeigt sein in der Beschwerdebegründung wiederum enthaltener Hinweis auf die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hildesheim. Wird aber, wie hier, lediglich gerügt, ein anderes, gleichgeordnetes Gericht sei örtlich und damit auch international zuständig, so bleibt § 512 a ZPO anwendbar (BAG NJW 1971, 2143; Thomas-Putzo, a.a.O., Rz. 2; Zöller-Gummer, 20. A., § 512 a ZPO Rz. 7).

b) Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch war nach § 12 BGB begründet.

aa) Die Klägerin kann für ihren Firmenbestandteil „Steiff‘ Schutz nach § 12 BGB beanspruchen. Denn für einen Teil einer Firnenbezeichnung kann ein selbständiger Namensschutz i.S. von § 12 BGB beansprucht werden, wenn es sich dabei um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (BGH NJW 1997, 1928, 1929 – NetCom m.w.N.).
Das der Firmenbestandteil „Steiff“ sich nicht nur zu einem solchen firmenrechtlichen Schlagwort eignet, sondern sich als solcher auch zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs der Klägerin durchgesetzt hat, ist gerichtsbekannt und von der Klägerin auch unbestritten vorgetragen worden.
bb) Nicht entscheidungsrelevant ist die Frage, ob in der bloßen Reservierung einer gleichlautenden Domain-Bezeichnung ein unzulässiger Gebrauch des fremden Namens bzw. Namensbestandteils liegt.
Gegen einen darin liegenden Namensgebrauch mag in der Tat sprechen, daß eine bloße Domain-Reservierung von niemandem wahrgenommen wird und deshalb nicht zur Kennzeichnung einer Person oder ihrer Leistung taugt (Bücking NJW 1997, 1886, 1888﷓. Völker/Weidert WRP 1997, 652, 657). Doch kann sich der Beklagte nicht auf diese Auffassung berufen. Denn es ging ihm nicht um die bloße, von niemandem wahrnehmbare Reservierung der Domain-Bezeichnung“Steiff.com“. Vielmehr wollte er nach seinem eigenen Vorbringen die registrierte Domain zum Aufbau eines Fanclubs in den USA nutzen. Zu einer solchen Nutzung gehört aber das Zugänglichmachen der Domain-Bezeichnung, z.B. als Kennzeichnung der vom Internet-Nutzer abrufbaren Homepage (so zutreffend das Landgericht auf S. 11 des angefochtenen Beschlusses). Insoweit gilt nichts anderes wie für den Fall der Anmeldung einer prioritätsjüngeren Marke: Schon deren Eintragung, und nicht erst deren Gebrauch, schafft nämlich einen Störungszustand für den Inhaber der verwechslungsfähigen und prioritätsälteren Marke, gegen den er mit einer auf Löschung gerichteten Klage vorgehen kann (BGH WRP 1993, 399, 401 – Triangle – für den Fall der Eintragung eines verwechslungsfähigen Warenzeichens; Fezer, Markenrecht, § 15 MG Rz. 184).
cc) Soweit sich der Beklagte gegen die vom Landgericht bejahte Verwechslungsgefahr wendet, überzeugt dies ebenfalls nicht. Domain-Bezeichnungen sind im Regelfall frei wählbar und können deshalb bewußt in die Kennzeichnungsstrategien eines Unternehmens einbezogen werden (KG NJW 1997, 3321, 3322; Kur CR 1996, 325, 327). Deshalb schließt der Verkehr jedenfalls aus der Verwendung eines identischen Firmenschlagworts/Namens als Domain-Bezeichnung regelmäßig auf das damit bezeichnete Unternehmen bzw. den Namensträger (LG Mannheim CR 1996, 353, 354 – Heidelberg – Ubber, WRP 1997, 497, 507; Völker/Weidert, a.a.O., S. 657).
Die vom Beklagten gewählte Domain-Bezeichnung enthielt das Firmenschlagwort der Klägerin. Die Gefahr einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung ab dem Zeitpunkt des Gebrauchs dieser Bezeichnung durch den Beklagten war damit offensichtlich. Dem steht auch nicht entgegen, daß die für den Beklagten registrierte Domain-Bezeichnung anders als die für die Klägerin registrierte „Second-Level-Domain“ („de“) ohne lokalen Bezug ist. Denn Unterscheidungskraft kommt allein den frei wählbaren Domain-Bezeichnungen, nicht aber der im Internet zwingend hinzuzufügenden TopLevel-Domain zu (Völker/Weidert, a.a.O., S. 657; Ubber, a.a.O., S. 505).
Ob sich an dieser Burteilung deshalb etwas ändert, weil seit Dezember 1997 eine Vielzahl neuer Top-Level-Domains angeboten werden (vgl. Schriftsatz Beklagtenvertreter vom 22.01.1998), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn maßgeblich für die Beurteilung dieser Beschwerde ist der Zeitpunkt, zu dem die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
dd) Die für den Unterlassungsanspruch notwendige Erstbegehungsgefahr hat das Landgericht unter Hinweis auf die vom Beklagten geäußerte und zudem aus der Anmeldung der angegriffenen Domain-Bezeichnung zu schließenden Nutzungsabsicht bejaht. Dagegen wendet sich die Beschwerdebegründung des Beklagten auch nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.