Spamming

Begriff des Spamming. Der Versand nicht zuvor angeforderter Werbung in elektronischer Form (sog. Spamming), insbesondere als E-Mail, ist für Werbende äußerst attraktiv. Erlaubt es diese Art des Kundenkontakts doch, auf einfache Art und ohne nennenswerte Kosten wahllos und in nahezu unbeschränkter Anzahl Reklamebotschaften zu versenden. Für den Empfänger hingegen stellt diese Form der Werbung eine erhebliche Belästigung dar. Unerwünschte Nachrichten müssen aus der regulären Korrespondenz aussortiert werden, wobei es oftmals nicht auf den ersten Blick gelingt, die Werbung als solche zu erkennen. Diese Aspekte fallen durch das massenhafte Auftreten der Werbung im elektronischen Bereich besonders ins Gewicht.

Wettbewerbsrechtliche Bewertung. Um einer unangemessenen Belästigung der Empfänger von Spam zu begegnen, hat der Gesetzgeber in Umsetzung europäischer Vorgaben, insbesondere der Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation vom 12.7.2002 (2002/58/EG), in § 7 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (“UWG”) Grenzen für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbung festgesetzt.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist Werbung unter Verwendung elektronischer Post (sowohl gegenüber Privatpersonen als auch gegenüber Unternehmen) unzulässig, wenn der Adressat nicht zuvor ausdrücklich seine Einwilligung mit der konkreten Werbung erklärt hat (sog. opt-in-Modell). Dabei stellt bereits die einmalige Zusendung einer unerwünschten Werbe-E-Mail einen unterlassungsrelevanten Eingriff dar, da insoweit nicht auf die einzelne E-Mail, sondern auf das Massenphänomen abzustellen ist (OLG Naumburg, Urteil vom 22.12.2006, Az.: 10 U 60/06). Der Werbende kann sich daher auch nicht darauf berufen, dass es sich im Einzelfall um ein Versehen oder einen atypischen Fall gehandelt habe (LG Braunschweig, Urteil vom 18.10.2012, Az.: 22 O 66/12).

Einwilligung des Betroffenen. An eine die Belästigung ausschließende ausdrückliche Einwilligung sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Sie muss insbesondere für den konkreten Fall erteilt worden sein, weshalb etwa in der bloßen Bekanntgabe einer E-Mail-Adresse in einem öffentlichen Verzeichnis, auf Briefköpfen oder Visitenkarten keine Einwilligung gegenüber jedermann in die Zusendung von E-Mail-Werbung zu sehen ist. Das Vorliegen des vorherigen ausdrücklichen Einverständnisses des Empfängers der E-Mail hat der Werbende nach der klaren Gesetzesformulierung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Dazu muss er die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Empfängers vollständig dokumentieren. Vielfach veranlassen Werbende Verbraucher dazu, im Rahmen anderer elektronischer Angaben durch Setzen eines Häkchens in die Zusendung von E-Mail-Werbung an die angegebene E-Mail-Adresse einzuwilligen. Wird der Erklärende durch eine E-Mail um eine Bestätigung seines Teilnahmewunsches gebeten und geht diese Bestätigung beim Werbenden ein, so ist durch dieses double-opt-in-Verfahren (confirmed-opt-in) grundsätzlich hinreichend dokumentiert, dass er in E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt hat (BGH, Urteil vom 10.02.2011 – Az.: I ZR 164/09 Rdnr. 37 – Double-opt-in-Verfahren).

Ausnahmsweise ist eine unzumutbare Belästigung durch unaufgefordert übermittelte Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn der Werbende die E-Mail-Adresse des Empfängers im Zusammenhang mit einer bestehenden Geschäftsbeziehung erlangt hat, lediglich für ähnliche Waren und Dienstleistungen wirbt und dem Adressaten bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung eine Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt wird (sog. opt-out-Modell), § 7 Abs. 3 UWG.
Weitere Ansprüche. Richtet sich die unerwünschte E-Mail-Werbung an eine Privatperson, liegt zugleich ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor, so dass dem Adressaten ein Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung und ggf. Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zusteht.

Unangeforderte E-Mail-Werbung gegenüber einem Unternehmen kann wegen der Störung des Betriebsablaufs zusätzlich einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und einen Unterlassung-, Beseitigungs- und ggf. Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB begründen. Hierzu genügt wie beim wettbewerbsrechtlichen Anspruch bereits die einmalige unaufgeforderte Übersendung. Denn der Zeit- und Kostenaufwand für das Aussortieren einer einzigen Werbe-E-Mail mag zwar geringfügig sein, zumal wenn der Werbecharakter bereits aus dem Betreff erkennbar ist. Jedoch ist mit dem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen, wenn die Zusendung im Einzelfall zulässig ist (BGH,  Beschluss vom 20.5.2009, Az.: I ZR 218/07, Rdnr. 11, 12 – E-Mail-Werbung II).

Empfehlungs-E-Mail. Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt sogenannte Empfehlungs-E-Mails zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweisen, so ist dies nicht anders zu beurteilen als der Versand unaufgefordert zugesandter Werbe-E-Mails des Unternehmens selbst (BGH, Urteil vom 12.9.2013, Az: I ZR 208/12 – Empfehlungs-E-Mail). Das Verhalten stellt also einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG bzw. – bei betroffenen Unternehmen – einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dar.