stahlguss.de

Gericht: OLG Braunschweig
Aktenzeichen: 2 U 26/00
Entscheidungsdatum: 20.07.2000
Die Nutzung der Bezeichnung „stahlguss“ als Second-Level-Domain für eine Website, die sämtlichen Unternehmen der Stahlgussbranche zur Nutzung offen steht, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

der TBS GmbH Thomas Berger Spedition, vertreten durch ihren Geschäftsführer
Thomas Berger, Senator-Bortscheller-Str. 1, 28197 Bremen,

– Beklagte und Berufungsklägerin –

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

die Sande Stahlguß GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer Egon Schierhold,
26452 Sande,

– Klägerin und Berufungsbeklagte –

Prozeßbevollmächtigter:

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig auf die bis zum 6. Juli 2000 eingereichten Schriftsätze durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Lange und die Richter am Oberlandesgericht Dres. Matthies und Achilles im schriftlichen Verfahren für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Januar 2000 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Braunschweig abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Klägerin: DM 20.000,

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht die begehrte Unterlassung an dem Domainnamen „stahlguss.de“ ebenso wie die außerdem verlangte Löschung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Im einzelnen:

1. Zu markenrechtlichen Ansprüchen aus §§ 14 f MarkenG hat das Landgericht mit Recht angenommen, dass die Beklagte durch den streitigen Domainnamen nicht in Rechte der Klägerin an ihrer eingetragenen Marke Sande Stahlguss oder an ihrer im Kein gleichlautenden Firma eingreift. Denn bei dem Begriff Stahlguss handelt es sich um eine im Lexikon verzeichnete Gattungsbezeichnung, die das Fertiggießen von Werkstücken aus Stahl bzw. ein derart erzeugtes Werkstück beschreibt. Der Kennzeichenbestandteil Stahlguss ist deshalb neben dem vorangestellten Bestandteil Sande von vornherein ungeeignet, den für die Klägerin geschützten Kennzeichnungen eine Prägewirkung zu vermitteln, so dass hieraus auch kein eigenständiger Schutz abgeleitet werden kann (vgl. BGH 18. 6. 1998 WRP 998, 990, 1991 f – ALKA-SELTZER – ).

Ebensowenig kommt ein Löschungsanspruch analog §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 50 Abs. 1 MarkenG in Betracht. Denn die Analogiefähigkeit der Vorschriften über die markenrechtliche Löschungsklage zur Beseitigung von beschreibenden Kennzeichnungen aus dem Markenregister wird für Internet-Domains mit Recht verneint, weil eine solche Adresse in ihrem rechtlichen Gehalt und in ihrer Sperrwirkung mit Markenrechten nicht vergleichbar ist (OLG Frankfurt/Main 13. 2.1997 CR 1997, 271, 272; Renck WRP 2000, 264 f).
Aus den gleichen Gründen scheiden namensrechtliche Ansprüche der Klägerin aus § 12 BGB aus. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass ihr eigenständige Namensrechte an dem in ihrer Mehrwortkennzeichnung vorkommenden, beschreibenden Bestandteil “ Stahlguss“ zustehen könnten.
2. Entgegen der Auffassung des Landgericht stehen der Klägerin keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche auf die begehrte Unterlassung und Löschung zu. Denn der Umstand, dass die Beklagte den streitigen Domainnamen für sich hat registrieren lassen, um gewisse Suchgewohnheiten von Internet-Nutzern aufzugreifen, nämlich vor der Inanspruchnahme von Suchmaschinen zunächst einmal den Suchbegriff adressenmäßig einzugeben, um darüber eventuell schon Informationen zu erhalten, die eine langwierige Suche mittels Suchmaschinen entbehrlich machen könnten, ist für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht anstößig. Zwar kann es Fallgestaltungen geben, in denen die Registrierung eines Gattungsbegriffs als Domainname darauf hinaus läuft dass ein Wettbewerber die unter diesem Suchwort in der beschriebenen Weise nachgefragten Informationen unter Ausschluss seiner Mitbewerber auf sich zentriert, was u.U. zu einer faktischen Monopolisierung des Gattungsbegriffs und einer damit einhergehenden, dem fairen Leistungswettbewerb widersprechenden Kanalisierung der Kundenströme führt. Den Unwert dieser Verhaltensweise hat das OLG Hamburg (13. 7. 1999 CR 1999, 779, 781) aber mit Recht nicht schon in der Wahl des beschreibenden Domainnamens selbst, sondern darin gesehen, dass den Mitbewerbern eine Mitnutzung und damit eine Partizipation am Suchvorgang ausdrücklich verweigert worden war und dass der Suchende durch die Gestaltung der Homepage und die hier gesetzten Links geradezu davon abgehalten wurde, weitere Informationen, insbesondere auch zu nicht verzeichneten Mitbewerbern, einzuholen. Einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Kanalisierungswirkungen, die ohne Vorliegen besonderer Umstände von beschreibenden Domainnamen ausgehen, hat sich das OLG Hamburg dagegen enthalten. Insoweit wird vielmehr mit Recht angenommen, dass eine mit den Suchgewohnheiten der Internet-Nutzer einhergehende Kanalisierung durch Registrierung rein beschreibender freihaltebedürftiger Domainnamen für sich allein nicht wettbewerbswidrig, sondern hinzunehmen ist (OLG Frankfurt/Main 13. 2. 1997 CR 1997, 271, 273). Das gilt jedenfalls dann, wenn den Mitbewerbern eine faire Chance eingeräumt ist, an der beschriebenen Kanalisierungswirkung teilzuhaben.
Dass weitere besondere Umstände wie etwa eine Irreführung über den Adressaten oder die unter dem Domainnamen vermittelten Informationen vorliegen, ist nicht erkennbar. Ebensowenig begründet es eine Störerveranwortlichkeit der Beklagten, dass es nach dem Vorbringen der Klägerin infolge von Fehlern bei Eingabe der Internetadresse zur Fehlleitung von Sendungen an die streitige Internetadresse gekommen ist. Die leichte Verwechselbarkeit, die ähnlich auch bei Telefaxanschlüssen anzutreffen ist, liegt weniger in der Wahl des angegriffenen, an sich jedoch mit den Kennzeichenrechten der Klägerin nicht verwechselbaren Domainnamens als in gewissen technischen Unzulänglichkeiten des Übermittlungssystems, welches noch nicht einmal den von der Klägerin aufgezeigten kleinen Fehler verzeiht.
3. Kein Anspruch steht der Klägerin schließlich aus §§ 826, 226, 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Absperrens von der Nutzung des Begriffs Stahlguss im Internet zu. Denn die Registrierung des angegriffenen Domainnamens hindert die Klägerin nicht, ihre eigenen Markenrechte im Internet adressenmäßig zu nutzen. Insoweit übt die Registrierung der Beklagten für sie keinerlei Sperrwirkung aus, so dass auch keine Schädigungsabsicht angenommen werden kann, die sonst gelegentlich die Grundlage eines Beseitigungsanspruchs bildet (vgl. OLG Frankfurt/Main 12. 4. 2000 WRP 2000, 645, 646 f). Darüber hinaus hat die Beklagte aufgezeigt, dass sie die Internetadresse für eine Webside nutzt, auf der sich interessierte Branchenangehörige über einen dort gesetzten Link gegen Entgelt präsentieren können. Sie hat also ersichtlich auch, ein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Benutzung des gerade mit einer gewissen Kanalisierungswirkung versehenen Domainnamens, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt an der angegriffenen Benutzung und Registrierung nichts Beanstandenswertes zu finden ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § § 708 Ziff, 1 O 713 ZPO.

 

Dr.Lange           Dr. Matthies            Dr. Achilles