LG München I, Urteil vom 01.04.2008, Az. 33 O 15411/07 – schloss-eggersberg.de

Gericht: LG München I
Aktenzeichen: 33 O 15411/07
Entscheidungsdatum: 01.04.2008
Normen: § 12 S. 2, S. 1 Alt. 2 BGB
Leitsätze der Redaktion:
Dem Eigentümer eines Grundstücks steht an dem darauf befindlichen Gebäude ein Namensrecht im Sinn des § 12 s. 1 BGB zu, wenn an einer solchen Bezeichnung ein schutzwürdiges Interesse besteht. Welcher Art dieses Interesse ist, ist gleichgültig.
LANDGERICHT MÜNCHEN I
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit Dr. […], vertreten durch dessen Generalbevollmächtigte […]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bettinger – Schneider – Schramm,
Cuvilliésstraße 14/14 a, 81629 München, Gz. […]

gegen

[…]
– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter:
[…]

wegen Unterlassung u.a.

erlässt das Landgericht München I, 33. Zivilkammer, durch die unterfertigten Richter auf Grund mündlicher Verhandlung vom 11.03.2008 folgendes

Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, den Domainnamen ,,schloss-eggersberg.de“ registriert zu halten oder registriert halten zu lassen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, den Verzicht auf den Domainnamen ,,schloss-eggersberg.de“ gegenüber der zuständigen Registrierungsstelle DENIC e.G., Frankfurt a.M., zu erklären.

III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 30.000,- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit vorliegender Klage unter anderem die Freigabe der Internetdomain ,,schloss-eggersberg.de“, die sich die Beklagte hat registrieren lassen.

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in Obereggersberg, auf dem sich das Denkmalensemble Schloss Eggersberg befindet, das im Jahr 1604 fertig gestellt wurde. Der Kläger erwarb das Grundstück 1962 und richtete in dem Schloss einen Gastronomie- und Hotelbetrieb unter der Bezeichnung ,,Hotel Schloss Eggersberg“ ein, der seit 1963 verpachtet ist.
Die Beklagte ist Dokumentarfilmerin und beabsichtigt, eine filmische Dokumentation über das Schloss Eggersberg zu drehen. Hierfür hat sie in der Zeit von Januar 2006 bis Anfang 2007 zeit- und kostenintensive Recherchen angestellt.

Für diese Dokumentation ließ die Beklagte den Domainnamen „schloss-eggersberg.de“ für sich registrieren. Unter der Domain ist bislang kein Inhalt abrufbar.

Mit Schreiben vom 16.02.2007 mahnte der Kläger die Beklagte ab (Anlage K 6). In ihrem Antwortschreiben vom 27.02.2007 teilte die Beklagte mit, sie sei im Bereich Film- und Fernsehproduktionen tätig und habe die Domain registriert, um sie für eine Produktion zu nutzen (Anlage K 8). Auf die erneuten Aufforderungen des Klägers vom 02.04.2007 (Anlage K 9) und 26.06.2007 (Anlage K 10) zur Abgabe einer Unterlassungserklärung antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 04.07.2007 (Anlage K 11) und erklärte, es werde keine solche abgegeben.

Der Kläger trägt vor, die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der den Kläger vertretenden […] ergebe sich aus der vorgelegten notariell beglaubigten Generalvollmacht (Anlage K 12).

Er ist der Auffassung, ihm stehe aus §§ 15 V, 5 II MarkenG und § 12 BGB ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Die geschäftliche Bezeichnung ,,Schloss Eggersberg“ werde seit 1963 zur Kennzeichnung des im Schloss des Klägers befindlichen Hotel- und Gastronomiebetriebs genutzt, so dass sie Schutz nach §§ 15 II, 5 II MarkenG genieße. Die Rechte an dem Namen stünden dem Kläger als Verpächter des Betriebs zu.

Zudem sei der Kläger Inhaber der Namensrechte nach § 12 BGB an dem Gebäudenamen „Schloss Eggersberg“.
§ 12 BGB sei anwendbar, weil die bloße Registrierung einer Domain keine rechtsverletzende Benutzung gemäß § 15 II MarkenG darstelle und daher das Markengesetz nicht anwendbar sei.
Namen von Gebäuden seien schutzfähig, wenn an der Bezeichnung ein schutzwürdiges wirtschaftliches oder sonstiges Interesse bestehe. Da es sich vorliegend um ein bekanntes historisches Bauwerk handele, sei ein solcher Schutz zu bejahen. Dies sei für den Namen Neuschwanstein bereits entschieden.
Die Domain-Registrierung durch die Beklagte stelle eine unbefugte Namensanmaßung gemäß § 12 I Alt. 1 BGB dar.
Eine Zuordnungsverwirrung trete auch ein, wenn ein Dritter den fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internet-Adresse verwende.
Die Beklagte sei Nichtberechtigte im Sinn des § 12 BGB, weil sie vom Kläger nicht autorisiert worden sei und keine eigenen Rechte an dem Namen „Schloss Eggersberg“ habe. Der Verkehr erwarte, dass hinter dem Domainnamen „schloss-eggersberg.de“ der Kläger als Eigentümer des Schlosses oder der Hotelbetrieb ,,Schloss Eggersberg“ stehe und die Verwendung dieses Domainnamens von ihm autorisiert worden sei.

Zudem würden die Interessen des Klägers dadurch beeinträchtigt, dass er die streitgegenständliche Domain nicht verwenden könne.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, -, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, den Domainnamen „schloss-eggersberg.de“ registriert zu halten oder registriert halten zu lassen.

II. die Beklagte wird verurteilt, den Verzicht auf den Domainnamen ,,schloss-eggersberg.de“ gegenüber der zuständigen Registrierungsstelle DENIC e.G., Frankfurt a.M., zu erklären.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung von […], die für den Kläger auftrete, sei nicht nachgewiesen. Die vorgelegte Generalvollmacht reiche nicht aus, weil sie auf den Fall beschränkt sei, dass der Vollmachtgeber wegen Krankheit seine Angelegenheitern nicht mehr besorgen könne.

Dem Kläger stünden gegen die Beklagte keine Ansprüche in Bezug auf die streitgegenständliche Domain zu.

Auch die Beklagte habe Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung, weil sie die Geschichte des Gebäudes mit hohem persönlichem und finanziellem Aufwand dokumentiere und dann in filmischer Aufarbeitung vermarkte. Sie habe sich für diese Dokumentation den Domainnamen ,,schloss-eggersberg.de“ eintragen lassen, weil sie die Dokumentation dort zur Verfügung stellen und an wolle. An einer solchen Dokumentation bestehe, anders als bei dem Gaststättenbetrieb des Klägers, ein öffentliches Interesse.

Der Verweis auf die Entscheidung bezüglich des Namens Neuschwanstein überzeuge nicht, weil das Schloss Eggersberg weder ein international bekanntes, noch ein im öffentlichen Eigentum befindliches Gebäude sei. Namensrechte des Klägers würden nicht verletzt, er heiße schließlich nicht ,,Schloss Eggersberg“. Der Kläger sei auch weder Architekt noch Bauherr des Schlosses und allein aufgrund seiner Eigentümerstellung stünden ihm keine Namensrechte zu.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.

A. Der Kläger wird durch seine Generalbevollmächtigte […] wirksam vertreten. Insbesondere ist die Vollmacht laut Ziffer 2 der Vollmachtsurkunde (Anlage K 12) Dritten gegenüber sofort wirksam. Die Beschränkung auf Krankheit des Klägers (Ziffer 1) soll nur im Innenverhältnis gelten, so dass es hierauf nicht ankam.

B. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (Klageantrag Ziffer I.) des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich aus § 12 S. 2, S. 1 Alt. 2 BGB. Gleiches gilt für den als Beseitigungsanspruch zu behandelnden Anspruch auf Erklärung des Verzichts gegenüber der Registrierungsstelle in Klageantrag Ziffer II. (Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 145 Nach § 15).

I. § 12 BGB ist vorliegend anwendbar, weil die Beklagte unter der Domain bislang keine Inhalte ins Internet stellt und somit kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt, das zur Anwendung und zum Vorrang des Markengesetzes führen würde (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 44 Nach § 15).

II. Dem Kläger steht als Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das Schloss Eggersberg befindet, an der Bezeichnung „Schloss Eggersberg“ ein Namensrecht im Sinn des § 12 S. 1 BGB zu.
Die namensartige Kennzeichnung eines Hauses kann – unabhängig von der Berühmtheit des Gebäudes – den Schutz des § 12 BGB dann in Anspruch nehmen, wenn an einer solchen Bezeichnung ein schutzwürdiges Interesse besteht. Welcher Art dieses Interesse ist, ist gleichgültig (BGH GRUR 1976, 311, 312 – Sternhaus).
Ein solch schutzwürdiges Interesse des Klägers ist vorliegend gegeben. Der Kläger- hat in dem Schloss einen Gastronomie- und Hotelbetrieb eingerichtet und verpachtet diesen seit 1963. Der Betrieb wird unter der Bezeichnung „Hotel Schloss Eggersberg“ geführt.

III. Durch die Registrierung der Bezeichnung „Schloss Eggersberg“ als Domain-Name greift die Beklagte in dieses Namensrecht des Klägers ein.

1. Verwendet ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domain-Namen, liegt darin eine Namensanmaßung, wenn dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst wird und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. BGHZ 119, 237, 245 – Universitätsemblen m.w.N.).

Im Falle der Verwendung eines fremden Namens als Internet-Adresse liegen diese Voraussetzungen im Allgemeinen vor. Ein solcher Gebrauch des fremden Namens führt in der Regel bereits dann zu einer Zuordnungsverwirrung, wenn der Nichtberechtigte den Domain-Namen bislang nur hat registrieren lassen. Denn die den Berechtigten ausschließende Wirkung setzt bei der Verwendung eines Namens als Internet-Adresse bereits mit der Registrierung ein (BGH WRP 2002, 694 – shell.de).
In der Registrierung der Domain durch die Beklagte liegt somit eine Namensanmaßung.

2. Die von der Beklagten vorgetragenen entgegenstehenden Interessen greifen nicht durch.

a) Die Beklagte führt an, sie habe für ihre geplante Dokumentation über das Schloss Eggersberg umfangreiche Recherchearbeiten vorgenommen. Soweit diese nunmehr in einem nachgelassenen Schriftsatz detailliert dargelegt wurden, kam es hierauf nicht an.
Zum einen befindet sich das Projekt auch nach eigenem Vortrag der Beklagten noch in der Planungs- und Vorbereitungsphase, so dass derzeit jedenfalls kein Titelschutzrecht an der Bezeichnung besteht, zumal auch nicht vorgetragen wurde, wie die Dokumentation letztendlich heißen soll.
Zum anderen wird sich die Beklagte für einen etwaig entstehenden Werktitelschutz gemäß § 5 I MarkenG allenfalls auf eine Priorität aus dem Jahr 2006 berufen können, während der Kläger sich für die Priorität seines Namensrechts mindestens auf das Jahr seines Grundstückerwerbs 1962 berufen kann. Jedenfalls wären etwaige Titelschutzrechte der Beklagten prioritätsjünger.

b) Auch ergibt sich aus den Grundrechten kein Rechtfertigungsgrund für die Beklagte, insbesondere nicht aus der Freiheit der Meinung und der Berichterstattung, Art. 5 GG.
Die Beklagte plant, eine kritische Dokumentation über das Schloss Eggersberg und seine Entwicklung in den letzten Jahren auf der streitgegenständlichen Domain einzustellen. Bei solch kritisierenden Domains wird zu verlangen sein, dass schon der Domain-Name selbst deutlich macht, dass es sich nicht um eine Homepage des kritisierten Namensträgers, sondern um diejenige eines Dritten handelt. Das kann zum Beispiel durch Zusätze wie ,,Kritik“ oder „Dokumentation“ erreicht werden (Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, Rz. 73 Nach § 15). Solche Zusätze hat die Beklagte ihrer Domain nicht angefügt.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

[Unterschriften]