Gericht: | Landgericht Köln |
Aktenzeichen: | 33 O 45/08 |
Entscheidungsdatum: | 16.06.2009 |
Normen: | BGB § 826; UDRP (Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy) § 4 (k) |
Die Frage, ob ein Anspruch auf Übertragung einer Domain besteht, richtet sich nicht nach der UDRP, sondern ausschließlich nach den zur Anwendung kommenden kennzeichenrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und deliktsrechtlichen Bestimmungen des nationalen Rechts.
Die Registrierung und/oder Benutzung einer Domain stellt nur dann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB dar, wenn sie ausschließlich in der Absicht erfolgt ist, die Domain für einen anderen zu „sperren, um ihn an der Nutzung der Domain zu hindern, insbesondere wenn ein finanzieller Vorteil erstrebt wird.
Eine solche Behinderung scheidet schon dann aus, wenn ein Unternehmen bereits über eine eigene Domain verfügt oder verfügen könnte, welche seine Geschäftstätigkeit in Bezug auf das fragliche Kennzeichen ohne weitere Einschränkung ermöglicht.
LANDGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
des Herrn (…)
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Bettinger Schneider Schramm, Cuvilliésstr. 14a, 81679 München
g e g e n
(…)
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: (…)
hat die 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln
auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.2009 (…)
für Recht erkannt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung der Domain „**.com“ gegen den Kläger hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Nürnberg-Fürth entstandenen Mehrkosten, die der Kläger zu tragen hat.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, der seit 2007 Firewall Administrator bei einer Bank ist, ist Inhaber der Domain „**.com“.
Die Beklagte betreibt in den USA ein Satellitenradioprogramm. Sie wurde 1992 gegründet und nahm die Ausstrahlung ihres Programms im Jahr 2001 auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Domain „**.com“ auf die in den USA ansässige „**edia Corp.“ registriert. lm Internet tritt die Beklagte unter der Domain „**radio.com“ auf.
Im Dezember 2005 wurde Herr O. T. als Inhaber der Domain eingetragen.
Gespräche der Beklagten mit Herrn T. über einen Verkauf der Domain scheiterten im Jahr 2006, da Herr T. den von der Beklagten gebotenen Kaufpreis von 10.000,– US-Dollar nicht akzeptierte.
Am 11.12.2006 erwarb der Kläger die Domain von Herrn T. für einen Kaufpreis von 10.000,– €. Die Übertragung des Domainnamens erfolgte am 13.12.2006.
Der Kläger nutzt den Domainnamen zum Angebot des Internetdienstes „**-Hosting“.
Am 20.12.2006 meldete der Kläger die Marke „**“ für die Klassen 37 und 42 beim DPMA an.
Am 21.12.2006 erhielt der Kläger vom National Arbitration Forum (NAF) die Mitteilung, dass die Beklagte nach der „Uniform Domain Name Dispute Resolution PoIicy“ (UDRP) ein Streitbeilegungsverfahren wegen der Domain „**.com“ eingeleitet habe. In diesem Verfahren machte die Beklagte geltend, dass der Domainname mit Marken verwechslungsfähig sei, die zumindest den Bestandteil „**“ enthielten und für sie in den USA registriert seien. Die Beklagte vertrat ferner die Auffassung, dass die Registrierung und Benutzung der Domain durch den Kläger bösgläubig im Sinne der Regelungen der UDRP sei.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Registrierung und Benutzung der Domain „**.com“ mit den Bestimmungen des deutschen Kennzeichen- und Deliktsrechts im Einklang stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags des Klägers wird auf die Seiten 3 ff. der Klageschrift (Bl. 3 ff. d.A.) sowie seine Schriftsätze vom 14.09.2007 (BI.55 ff. d.A.), 07.11.2008 (Bl. 147 ff. d.A.) und 08.12.2008 (BI. 210 ff. d.A.) ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
-wie erkannt-.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, ihre Marke „**“ sei in den USA eine bekannte Marke.
Die Beklagte meint, die UDRP sei nach deutschem Recht als Vertrag zugunsten Dritter anzusehen, der unter Punkt 4 a) eine materiell-vertragliche Regelung statuiere, die bestimme, unter welchen Voraussetzungen ein Domainname zu löschen bzw. zu übertragen sei. Diese Voraussetzungen seien im Verhältnis zum Kläger erfüllt. Jedenfalls liege im Verhalten des Klägers eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird ergänzend Bezug genommen auf die Klageerwiderung (Bl. 29 ff. d.A.) und ihre Schriftsätze vom 10.11.2008 (Bl. 182 ff. d.A.) und 09.01.2009 (BI. 227 ff. d.A.).
Mit Beschluss vom 15.01.2009 hat sich das zunächst angerufene Landgericht Nürnberg-Fürth für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage in Form der negativen Feststellungsklage ist zulässig.
Insbesondere ist das erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers gegeben. Die Beklagte hat sich im UDRP-Verfahren wie auch im vorliegenden Rechtsstreit eines Anspruchs gegen den Kläger auf Übertragung der Domain „**.com“ berühmt. Dass sich die Parteien der alternativen Streitbeilegung gemäß der UDRP unterworfen haben, steht dem nicht entgegen, da § 4 (k) UDRP die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens vor und nach Durchführung des UDRP-Verfahrens ausdrücklich zulässt (vgl. Bettinger in Hoeren u.a., Handbuch des Multimediarechts, Loseblattslg. Stand: Dezember 2008, Kap. 6.2 Rz. 45).
II.
Die Klage ist auch begründet.
Der Beklagten steht kein Anspruch auf Übertragung der Domain „**.com“ gegen den Kläger zu.
1.
Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus den UDRP-Regeln, wobei die Frage, ob diese Regeln im Verhältnis der Parteien als Vertrag zugunsten Dritter zu berücksichtigen sind, nicht der Entscheidung bedarf. Denn die auch in diesem Fall vereinbarte Regelung in § 4 (k) UDRP lässt die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ausdrücklich zu. Gegenstand einer solchen gerichtlichen Überprüfung ist aber ausschließlich die Frage, ob die Registrierung oder Benutzung der streitgegenständlichen Domain gegen kennzeichenrechtliche, wettbewerbsrechtliche oder deliktsrechtliche Bestimmungen des im Streitfall zur Anwendung kommenden nationalen Rechts verstößt (vgl. Bettinger, a.a.O.).
2.
Da nach dem Vortrag beider Parteien der Bezeichnung „**“ im Inland kein Markenschutz zugunsten der Beklagten zukommt und die Parteien hier auch nicht Wettbewerber sind, kann sich die Beklagte weder auf marken- noch wettbewerbsrechtliche Ansprüche berufen.
3.
Ein danach allenfalls noch in Betracht kommender deliktsrechtlicher Anspruch steht der Beklagten ebenfalls nicht zu.
Die Beklagte hat nicht dargetan, dass das beanstandete Verhalten des Klägers eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB darstellt.
lm Sinne von § 826 BGB ist eine Reservierung und/oder auch eine Aufrechterhaltung eines Domain-Namens dann missbilligenswert, wenn sie ausschließlich in der Absicht erfolgt ist, die Domain für einen anderen zu „sperren“, um ihn an der Nutzung der Domain zu hindern, insbesondere wenn damit ein finanzieller Vorteil erstrebt wird. Allerdings kann von einer Sperrwirkung in dem vorbezeichneten Sinne dann nicht die Rede sein, wenn eine Behinderung deshalb ausscheidet, weil die Beklagte über eigene Domains verfügt oder verfügen könnte, welche ihre Geschäftstätigkeit in Bezug auf die fraglichen Kennzeichen ohne weitere Einschränkung ermöglichen (vgl. OLG Köln GRUR 2009, 27).
Insoweit ist aber festzuhalten, dass die streitgegenständliche Domain bereits vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten für ein drittes Unternehmen registriert war und der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt ein Zugriff auf diese Domain wohl nicht möglich war. In der Folgezeit hat die Beklagte über viele Jahre ihr Internetangebot unter der Domain „**radio.com“ verbreitet und ist – ihrem eigenen Vortrag zufolge – zum führenden Satellitenradioprogramm der USA geworden mit einer Markenbekanntheit von 70%. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte im Einzelnen dartun müssen, weshalb sie nunmehr im Jahr 2006 der Domain „**.com“ bedurfte, um ihre weitere Geschäftstätigkeit einschränkungslos fortsetzen zu können. Dazu fehlt aber jedweder Vortrag. Allein der Wunsch der Beklagten, auch über diese Domain zu verfügen, reicht dazu auch nicht ansatzweise aus.
Umgekehrt reicht es zur Begründung eines Anspruchs aus § 826 BGB ebenfalls nicht aus, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Erwerb der Domain durch den Kläger im Zusammenwirken mit dem Rechtsvorgänger T. erfolgt ist, um einen drohenden „Zugriff“ der Beklagten im Verlauf des angestrengten UDRP-Verfahrens auf die Domain zu verhindern. Denn auch dies ist für sich genommen so lange nicht zu beanstanden, wie es nicht zu der oben beschriebenen Sperrwirkung zum Nachteil der Beklagten führt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
Streitwert: 150.000,– €