alltours.de

Gericht: LG Düsseldorf
Aktenzeichen: 4 O 353/97
Entscheidungsdatum: 15.01.1998
Die Benutzung der Internetadresse alltours.de stellt einen Eingriff in die Kennzeichenrechte der Firma Alltours Communications Holding GmbH dar. Bei zwei gleichnamigen Unternehmen sind beide verpflichtet, Veränderungen der Gleichgewichtslage zu unterlassen, die geeignet sind, das unvermeidlich bestehende Maß an Verwechslungsgefahr zu erhöhen. Dabei ist im Regelfall der Prioritätsjüngere gehalten, alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um eine Verwechslungsgefahr wenn nicht auszuschließen, dann jedenfalls auf ein hinnehmbares Maß zu vermindern.
15 Abs. 2 MarkenG

Zur Anwendung des Rechts der Gleichnamigen auf eine Internetadresse.

S a c h v e r h a l t:

Die Klägerin ist ein bekanntes, am 15. Januar 1974 gegründetes Flugreiseunternehmen, das die Firma Alltours Flugreisen GmbH führt. Auf dem Gebiet der Flugpauschalreisen ist die Klägerin der viertgrößte deutsche Reiseveranstalter.

Der Beklagte ist Geschäftsführer der X. Communication Holding GmbH in Düsseldorf. Er hat in dieser Eigenschaft beim Deutschen Network Information Center (DENIC) die Internetadresse (Domäne) alltours.de für die X. Communication Holding GmbH reservieren lassen.

Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Rechte an dem Unternehmenskennzeichen Alltours.

Der Beklagte trägt vor, weder er selbst noch die X. Communication Holding GmbH seien an einer Nutzung der Domäne alltours.de interessiert. Die Reservierung der Domäne sei im Auftrag der All-Tours Y. Z. GmbH in Düsseldorf erfolgt, die schon seit über 25 Jahren in dieser Weise firmiere und gegenwärtig ihren eigenen Internetauftritt vorbereite.

Aus den Gründen:

Die Klage ist begründet. Der Beklagte verletzt durch die von ihm vorgenommene Reservierung der Domäne alltours.de Kennzeichenrechte der Klägerin und ist ihr daher zur Unterlassung und zur Beseitigung des bestehenden Störungszustandes durch Freigabe der Domäne verpflichtet.

Die Klägerin genießt für ihren Firmenbestandteil Alltours Kennzeichenschutz nach §§ 5 Abs. 1 und 2, 15 Markengesetz (MarkenG). Denn Alltours ist der einzige unterscheidungskräftige Bestandteil der Firma der Klägerin. Er mag zwar wegen seines Anklangs an eine Beschreibung des Tätigkeitsfeldes der Klägerin von Haus aus nur von schwacher Kennzeichnungskraft sein, ist jedoch durch die vom Beklagten nicht bestrittene Verkehrsbekanntheit der Klägerin zu jedenfalls normaler Kennzeichnungskraft erstarkt.

Die Benutzung der Internetadresse alltours.de stellt einen Eingriff in die Kennzeichenrechte der Klägerin dar. Denn die Domänen haben, wie die Kammer in Obereinstimmung mit der ganz herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung bereits wiederholt entschieden hat, nicht nur Adressen, sondern auch Namensfunktion (Urteil vom 30. September 1997, Entscheidungen 1997, 119, 121/122 – ufa.de – mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Ein Endverbraucher, der sich für eine Flugreise interessiert und sich im Internet über das Angebot der Klägerin unterrichten möchte, wird das Angebot der Klägerin unter der Adresse alltours.de, allenfalls noch unter alltours.com suchen. Stößt er unter der Adresse alltours.de auf eine entsprechende Homepage, so Wird er (jedenfalls zunächst) annehmen, die Homepage der Klägerin aufgefunden zu haben.

Die Reservierung der Domäne wird nicht dadurch gerechtfertigt, daß sie nach dem Vorbringen des Beklagten für das Reisebüro AllTours Y. Z. GmbH in Düsseldorf erfolgt ist, das der X. Communication Holding GmbH, deren Geschäfte der Beklagte führt, einen entsprechenden Auftrag erteilt hat. Dabei kann dahinstehen, ob die All-Tours Y. Z. GmbH über eigene Kennzeichenrechte an der Bezeichnung All-Tours verfügt und ob diese möglicherweise sogar älter sind als die Kennzeichenrechte der Klägerin, für die aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Handelsregisterauszug die Führung der Firma Alltours Flugreisen GmbH erst seit dem 9. Juli 1990 ersichtlich. ist. Denn wenn die Klägerin und die Auftraggeberin der X. GmbH die Bezeichnungen Alltours und All-Tours über einen längeren Zeitraum in der gleichen bzw. einer ähnlichen Branche unbeanstandet nebeneinander führen, gilt jedenfalls das Recht der Gleichnamigen, das der All-Tours Y. Z. GmbH die Verwendung der Domäne alltours.de verbietet. Bei zwei gleichnamigen Unternehmen sind nämlich beide verpflichtet, Veränderungen der Gleichgewichtslage zu unterlassen, die geeignet sind, das unvermeidiich bestehende Maß an Verwechslungsgefahr zu erhöhen. Dabei ist im Regelfall der Prioritätsjüngere gehalten, alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um eine Verwechslungsgefahr wenn nicht auszuschließen, dann jedenfalls auf ein hinnehmbares Maß zu vermindern. Was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist, ist jeweils auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen (siehe nur BGH, GRUR 1993, 579 -Römer GmbH). Grundsätzlich sind demjenigen klarstellende Zusätze am ehesten zumutbar, der eine irgendwie geartete Änderung der bestehenden Kennzeichnung vornimmt (BGH, GRUR 1995, 754 – Altenburger Spielkartenfabrik). Erst recht darf daher die Änderung nicht selbst die Kennzeichen aneinander annähern, indem bisherige Zusätze geändert oder weggelassen werden. Eben dies geschieht jedoch, wenn bei der Internetadresse der All-Tours Y. Z. GmbH gerade der Bindestrich zwischen den Zeichenbestandteilen „All“ und „Tours“ weggelassen wird, der den Firmenbestandteil All-Tours der All-Tours Y. Z. GmbH von dem Firmenschlagwort der Klägerin unterscheidet. Da kaum ein Interessent, dem die Klägerin bekannt ist, bei der Suche nach deren Homepage das Firmenschlagwort Alltours mit Bindestrich zwischen „All“ und „Tours“ schreiben wird, werden auf diese Weise Kunden und potentielle Kunden der Klägerin auf die Homepage der All-Tours Y. Z. GmbH gelenkt und die Klägerin gehindert, ihr eigenes Firmenschlagwort zur Bildung ihrer Internetadresse zu verwenden. Das ist mit dem im Gleichnamigenrecht geltenden Gebot der Rücksichtnahme und der Verpflichtung zur weitestgehenden Verminderung von Verwechslungsgefahren nicht vereinbar.

Für den Eingriff in die Kennzeichenrechte der Klägerin haftet der Beklagte als Störer, denn er ist es, der die Reservierung der Domäne vorgenommen hat. Er ist daher nach § 15 Abs. 4 MarkenG verpflichtet, -es zu unterlassen, die Domäne zu verwenden oder durch Dritte verwenden zu lassen, und er hat entsprechend § 1004 Abs. 1 BGB für die Beseitigung des bestehenden Störungszustandes Sorge zu tragen, indem er – für die GmbH, in deren Namen er die Reservierung vorgenommen hat -gegenüber dem DENIC die Freigabe der Domäne erklärt.