Gericht: | Bundesgerichtshof |
Aktenzeichen: | I ZR 197/08 |
Entscheidungsdatum: | 25.03.2010 |
Normen: | BGB § 667 |
Vorinstanz(en): | LG Schwerin, Urteil vom 14.03.2008, Az. 3 O 668/06; OLG Rostock, Urteil vom 03.12.2008, Az. 2 U 50/08 |
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
in dem Rechtsstreit
braunkohle-nein.de
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010 durch (…)
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. Dezember 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein eingetragener Verein, begehrt vom Beklagten die Freigabe des Domainnamens „braunkohle-nein.de“.
Am 8. April 2005 gründeten 54 Braunkohlegegner in Lübtheen eine Bürgerinitiative unter dem Motto „Braunkohle-Nein“, nachdem Pläne bekannt geworden waren, in dieser Gegend Braunkohle abzubauen. Die Gründungsmitglieder beauftragten neun Personen, darunter den Beklagten, die Bürgerinitiative „auf die Beine zu stellen“. Am 16. April 2005 trafen sich diese Personen, um weitere Einzelheiten des Vorgehens, insbesondere auch die Informationsarbeit der Bürgerinitiative, festzulegen. Der Beklagte, Inhaber eines Computergeschäfts, bot hierbei an, eine Internet-Homepage zu erstellen. Er ließ am 18. April 2005 den Domainnamen „braunkohle-nein.de“ für sich bei der DENIC registrieren und richtete auf seine Kosten eine Homepage ein. Auf ihr wurden Informationen zunächst über die Bürgerinitiative und später über den Kläger veröffentlicht. Auf Informationsblättern der Bürgerinitiative wurde der Domainname im Impressum angegeben.
Am 18. Mai 2005 wurde der Kläger als eingetragener Verein aus dem Kreis der Mitglieder der Bürgerinitiative gegründet. Der Beklagte wurde in den Vorstand des Vereins gewählt. Der Vereinsname des Klägers lautete zunächst „Bürgerbewegung Braunkohle-Nein e.V.“. Nachdem es zwischen dem klagenden Verein und dem Beklagten zu Unstimmigkeiten gekommen war, schied der Beklagte im Mai 2006 aus dem Verein aus. Danach forderte der Kläger den Beklagten vergeblich zur Herausgabe des streitgegenständlichen Domainnamens auf.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, durch Verzichtserklärung gegenüber der DENIC zu erklären, dass er die Internet-Domain „braunkohle-nein“ freigibt.
Im März 2007 änderte der Kläger seinen Namen in „Braunkohle-Nein e.V.“.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Rostock MMR 2009, 417 = CR 2009, 184). Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Freigabeanspruch des Klägers sowohl aus einem Treuhandverhältnis wie auch aus § 12 BGB bejaht. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Bürgerinitiative „Braunkohle-Nein“ habe Inhaber eines Namensrechts sein können. Sie habe deshalb mit dem Beklagten auch ein Treuhandverhältnis hinsichtlich der Nutzung ihres Namens vereinbaren können. Ein solches Treuhandverhältnis sei begründet worden, indem der Beklagte den übrigen Mitgliedern des Organisationskomitees die Einrichtung einer Homepage angeboten habe und diese zugestimmt hätten. Das Treuhandverhältnis sei mit Gründung des Klägers zumindest stillschweigend auf diesen übergegangen. Der Verein habe den Namen der Bürgerinitiative „Braunkohle-Nein“ als eigenen Namensbestandteil übernommen und auf der über den streitgegenständlichen Domainnamen erreichbaren Homepage Vereinsnachrichten publiziert. Der Beklagte schulde deshalb gemäß § 667 BGB die Freigabe des Domainnamens.
Der Anspruch des Klägers ergebe sich außerdem aus Namensrecht. Dem Kläger stehe ein Schutzrecht aus § 12 BGB zu, da sein Name hinreichend unterscheidungskräftig und zudem in der Region Lübtheen wie auch im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern aus der Presse bekannt sei. Mit der Registrierung des Domainnamens habe der Beklagte den Namen des Klägers unberechtigt benutzt. Zwar sei der Kläger erst nach Registrierung des Domainnamens gegründet worden. Der Beklagte handele jedoch rechtsmissbräuchlich, wenn er sich auf seine vorgebliche Priorität gegenüber dem Namensrecht des Klägers berufe, weil er den Domainnamen im Mai 2005 aufgrund eines Treuhandverhältnisses mit der gleichnamigen Bürgerinitiative habe eintragen lassen, das auf den Kläger übergegangen sei.
II. Die Revision bleibt ohne Erfolg. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, erweist sich die Klage aus § 667 BGB als begründet. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob sie auch auf Namensrecht gestützt werden kann.
1. Der Beklagte hat den Domainnamen als Beauftragter für die Bürgerinitiative registrieren lassen und ist deshalb nach § 667 BGB dem klagenden Verein, der aus der Bürgerinitiative hervorgegangen ist, zur Herausgabe des Domainnamens verpflichtet.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte als Mitglied des mit der Organisation der Bürgerinitiative beauftragten Komitees angeboten, einen Internetauftritt für die Informationsarbeit der Bürgerinitiative zu erstellen. Nach Billigung durch die anderen Teilnehmer der Zusammenkunft hat er sodann den Domainnamen registriert.
Aus diesen tatrichterlichen Feststellungen folgt, dass der Beklagte im Rahmen der Arbeitsteilung unter den Mitgliedern des Organisationskomitees damit beauftragt war, die Registrierung vorzunehmen. Das gilt auch dann, wenn die übrigen Teilnehmer für die Beiträge der jeweils handelnden Personen keine Verantwortung hätten übernehmen wollen. Denn es entspricht gerade der auftragstypischen Haftungsregelung, dass der jeweils Beauftragte selbst für die Nicht- und Schlechterfüllung des Auftrags einzustehen hat.
Der Beklagte mag seinen Beitrag ferner als persönliches Engagement betrachtet und deshalb auf Ersatz seiner – geringen – Aufwendungen für die Domainregistrierung (§ 670 BGB) verzichtet haben. Das ändert indes nichts daran, dass er am 18. April 2005, lediglich zwei Tage nach der Zusammenkunft des Komitees, den Domainnamen nicht für eigene Zwecke, sondern für die Bürgerinitiative hat registrieren lassen. Das ergibt sich eindeutig aus der Abfolge der Ereignisse, der Übereinstimmung des prägenden Teils im Namen der Bürgerinitiative mit dem Domainnamen, der Funktion des Beklagten bei der Gründung der Bürgerinitiative sowie der späteren Nutzung der Website für Informationen der Bürgerinitiative bzw. des klagenden Vereins und schließlich der Angabe des Domainnamens auf Informationsschriften der Bürgerinitiative.
Für die rechtliche Bewertung des Geschehens ist ohne Belang, ob sich die anderen Teilnehmer der Zusammenkunft am 16. April 2005 bewusst waren, ob und für wen sie ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten begründeten. Unerheblich ist insbesondere, ob die Mitglieder des Komitees mit ihrer Zustimmung zum Angebot des Beklagten rechtswirksam ein Auftragsverhältnis zwischen der Bürgerinitiative als Auftraggeber und dem Beklagten als Auftragnehmer begründen konnten und wollten. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte der Beklagte jedenfalls im Auftrag der Personen gehandelt, die sich in dem Komitee zusammengefunden hatten. Sofern nicht schon der Bürgerinitiative, so stand diesen Personen als Gesamthand nach den Vorschriften für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) ein auf Herausgabe des Domainnamens gerichteter Anspruch nach § 667 BGB zu.
Für die Frage, ob der Domainname für die Bürgerinitiative registriert wurde, ist schließlich unerheblich, ob der Beklagte – wie er vorgetragen hat – zu einem späteren Zeitpunkt auch eigene Inhalte auf der Website veröffentlichte. Der Beklagte hat im Übrigen nicht dargelegt, dass eine solche Veröffentlichung eigener Inhalte vor seinem Austritt aus dem klagenden Verein erfolgt ist.
b) Der Kläger ist berechtigt, den Anspruch auf Herausgabe des Domainnamens geltend zu machen. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Anspruch ursprünglich den Mitgliedern der nicht rechtsfähigen Bürgerinitiative oder des Gründungskomitees zur gesamten Hand zugestanden hat.
aa) War die Bürgerinitiative ursprüngliche Gläubigerin des Anspruchs aus § 667 BGB, spricht bereits vieles dafür, dass der klagende Verein mit ihr identisch ist und infolgedessen ohne weiteres alle Rechte geltend machen kann, die vor seiner Gründung der Bürgerinitiative zustanden (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1977 – II ZR 107/76, WM 1978, 115, 116 zur Fortsetzung eines nicht rechtsfähigen Vereins nach Eintragung). Selbst wenn dies aber nicht der Fall sein sollte, wäre jedenfalls – wie auch das Berufungsgericht angenommen hat – davon auszugehen, dass der Kläger berechtigt ist, auf die Namensführung bezogene Rechte der Bürgerinitiative geltend zu machen. Der Kläger hat den Namen und die Arbeit der Bürgerinitiative fortgesetzt. Er wurde nur etwas mehr als einen Monat nach der ersten Zusammenkunft der Bürgerinitiative aus dem Kreis ihrer Mitglieder gegründet, so dass ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Bildung der Bürgerinitiative und der Vereinsgründung besteht. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Bürgerinitiative nach der Vereinsgründung in irgendeiner Weise unabhängig vom Kläger aufgetreten wäre. Unter diesen Umständen konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler annehmen, dass der Kläger den Freigabeanspruch jedenfalls mit Billigung der Bürgerinitiative geltend macht (zur Zulässigkeit von Gestattungsverträgen zur Namensführung vgl. BGHZ 122, 71, 72 f. – Decker).
bb) Sollte das Gründungskomitee ursprünglich als Gesamthandsgemeinschaft seiner Mitglieder Gläubiger des Anspruchs aus § 667 BGB gewesen sein, hätte es dieses Recht treuhänderisch für die Bürgerinitiative erworben. Nach Eintragung in das Vereinsregister kann der klagende Verein jedenfalls von dem Komitee für die Bürgerinitiative erworbene Rechte geltend machen.
2. Dem klagenden Verein steht der geltend gemachte Anspruch auf Freigabe des Domainnamens zu.
a) Allerdings richtet sich der Anspruch des Treugebers aus § 667 BGB auf Herausgabe des Erlangten, bei treuhänderischer Registrierung eines Domainnamens also auf dessen Übertragung oder Umschreibung. Es kommt hier nicht auf die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Besonderheiten des Domainrechts an, wonach es bei marken- und namensrechtlichen Ansprüchen hinsichtlich eines Domainnamens nur einen Freigabeanspruch, nicht jedoch einen Umschreibungsanspruch gibt (vgl. BGHZ 149, 192, 204 f. – shell.de). Denn im Fall einer treuhänderischen Registrierung stellt es keine ungerechtfertigte Bevorzugung des Treugebers gegenüber anderen etwaigen Prätendenten dar, wenn er den Domainnamen mit der Priorität der treuhänderischen Registrierung erhält. Hätte er dagegen nur einen Freigabeanspruch, bestünde die Gefahr, dass er den Domeinnamen nach der Freigabe nicht für sich registrieren lassen könnte, wenn ein Prätendent sich in der Zwischenzeit mit einem Dispute-Eintrag gesichert hätte.
b) Der von dem klagenden Verein allein geltend gemachte Freigabeanspruch ist jedoch in dem Herausgabeanspruch aus § 667 [BGB] enthalten und stellt sich diesem gegenüber als Minus dar. Die begehrte Verzichtserklärung gegenüber der DENIC e.G. kann in Verbindung mit einem rangwahrenden Dispute-Eintrag die Rechte hinsichtlich des Domainnamens in gleicher Weise sichern wie eine Übertragung oder Umschreibung. Begnügt sich der klagende Verein mit der Freigabe, besteht kein Grund, ihm den entsprechenden Anspruch zu versagen.
3. Das Berufungsurteil stellt für den Beklagten auch im Hinblick auf den rechtlichen Hinweis, den das Berufungsgericht in der Verhandlung am 19. November 2008 erteilt hat, keine Überraschungsentscheidung dar.
Ausweislich des Verhandlungsprotokolls hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die namensrechtliche Interessenabwägung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache „afilias.de“ (BGH, Urt. v. 24.4.2008 – I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Tz. 32 f. = WRP 2008, 1520) zu Lasten des Beklagten ausgehen müsse. Der Beklagte habe seinerzeit den Domainnamen nach dem Namen der Bürgerinitiative gewählt und diesbezüglich auch Vereinbarungen mit den weiteren Mitgliedern der Bürgerinitiative getroffen. Ob dies dazu führe, dass der Beklagte bereits als Treuhänder aufgetreten sei, könne dahinstehen, da der Antrag des Klägers namensrechtlich auch unabhängig davon Erfolg habe. Damit hat das Berufungsgericht deutlich gemacht, dass es dem Kläger den namensrechtlichen Anspruch auch gewähren wollte, wenn kein Treuhandverhältnis zwischen der Bürgerinitiative und dem Beklagten bestanden haben sollte. Der Umstand, dass das Berufungsgericht dann doch in der angefochtenen Entscheidung ein Treuhandverhältnis bejaht hat, ist nicht entscheidungserheblich geworden. Denn auch ohne diese Annahme wäre es – wie die namensrechtlichen Erwägungen im Berufungsurteil zeigen – entsprechend dem Hinweis zur Zurückweisung der Berufung gelangt. Der von der Revision gerügte Verfahrensfehler liegt schon deshalb nicht vor.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
(Unterschriften)