deutsches-theater.de

Gericht: LG München I
Aktenzeichen: 1 HKO 12216/97
Entscheidungsdatum: 17.09.1997
Die Registrierung eines Domainnamen stellt eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr dar. Die Bezeichnung Deutsches-Theater besitzt als Etablissement-Bezeichnung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG Kennzeichnungskraft.
In dem Rechtsstreit

(…)

– Antragstellerin –

gegen

(…)

– Antragsgegner –

wegen Unterlassung (einstweilige Verfügung)

erläßt das Landgericht München 1, 1. Kammer für Handelssachen, durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Seifried, die Handelsrichterin Lingnau und den Handelsrichter Gärtner aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.08.1997 folgendes


E N D U R T E I L:

I. Die einstweilige Verfügung vom 04.07.1997 wird bestätigt.

II. Der Antragsgegner hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin betreibt, wie schon ihr Name verrät, das „Deutsche Theater“ in München.

Der Antragsgegner, der sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Software für die Hotellerie und Bauträger-Initiatoren befaßt, hat sich bei DE-NIC die Internet-Domain

„deutsches-theater.de“

registrieren lassen.

Gibt man im Internet die Adresse „http://www.deutsches-theater.de“ an, erhält man die Information, daß es sich hierbei zwar um eine bestehende Adresse („valid name“) handele, daß aber unter dieser Adresse keine Daten abgelegt seien („no data record“; Bl. 6 – unbestritten – mit Anlage AS 7).

Die Antragstellerin ist auf diese Registrierung des Antragsgegners gestoßen, als sie sich selbst die Internet-Adresse „deutsches-theater.de“ registrieren lassen wollte.

Sie hält diese Registrierung für einen Verstoß gegen ihre Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung und dem Namen „Deutsches Theater“, für den sie – nach mittlerweile – über 100-jährigem Bestehen Verkehrsgeltung beansprucht, sowie für einen Verstoß gegen 1, 3 UWG.

Auf ihren Antrag hat die Kammer durch Beschluß ihres Vorsitzenden vom 04.07.1997 eine einstweilige Verfügung erlassen, durch welche dem Antragsgegner unter Androhung der im einzelnen bezeichneten gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, die Domain „deutsches-theater.de“ selbst oder durch Dritte, mittelbar oder unmittelbar im Internet zu betreiben oder zu nutzen.

Der Antragsgegner hat Widerspruch eingelegt.

Er bringt vor, er habe diese Domain im Auftrag der HDT Hotel GmbH, München, Schwanthalerstraße 15, angemeldet, die das – gegenüber dem Deutschen Theater liegende – „Hotel Deutsches Theater“ betreibt. Die Firma HDT Hotel GmbH habe mit Schreiben vom 15.11.1996 (Anlage AG 1 nach Blatt 27) die Firma Othello Service GmbH, München, beauftragt, die Domain „deutsches-theater.de“ eintragen zu lassen und zu verwalten. Er sei neben Herrn Andreas Asche Gesellschafter der Firma Othello Service GmbH. Die Firma Othello Service GmbH übernehme für Hotels die Gestaltung und Verwirklichung der Werbung im Internet. Nach Absprache mit Herrn Asche habe er diesen Auftrag schließlich in seinem Namen durchgeführt.

In allen bislang entschiedenen Fällen ähnlicher Art sei die Nutzung der Internet-Domain deshalb untersagt worden, weil der jeweilige Anmelder keinerlei Rechte an den beantragten Internet-Namen gehabt habe. Im vorliegenden Fall sei die HDT Hotel GmbH jedoch berechtigt, die Bezeichnung „Deutsches Theater“ zu verwenden. Sie sei nicht verpflichtet, die vollständige Bezeichnung „hotel-deutsches-theater.de“ zu verwenden. Es sei im Internet grundsätzlich üblich, die Namen so kurz wie möglich zu halten. Auch andere Hotels benutzten lediglich den tatsächlichen Namen ohne den Zusatz „Hotel“ (i.e. Bl. 26).

Im übrigen gebe es in weiteren zwei Städten „Deutsche Theater“, nämlich in Göttingen und in Berlin. In Spremberg gebe es ein Kino mit dem Namen „Deutsches Theater“. Die Antragstellerin müsse daher zur Abgrenzung zu diesen ohnehin den Zusatz „München“ führen; mit diesem Zusatz sei ihr aber die Registrierung bei DE-NIC – trotz der Registrierung „deutsches-theater.de“ – nicht verwehrt.

Schließlich sei fraglich, ob die Bezeichnung „Deutsches Theater“ nicht lediglich als reine Gattungsbezeichnung zu bewerten sei.

Zu allerletzt sei darauf hinzuweisen, daß der Name „deutsches-theater.de“ im Internet noch nicht genutzt werde, sondern lediglich auf den Antragsgegner angemeldet sei.

Der Antragsgegner hat mit dieser Begründung beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 04.07.1997 aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt dagegen,

die einstweilige Verfügung vom 04.07.1997 aufrechtzuerhalten.

Sie bestreitet, daß der Auftrag des Hotels Deutsches Theater vom 15.11.1996 nach wie vor bestehe. Sie gehe davon aus, daß dieses Auftragsverhältnis mittlerweile aufgelöst worden sei. Aber auch wenn der Auftrag noch bestünde, könnte sich der Antragsgegner nur auf Rechte an der Bezeichnung „Hotel Deutsches Theater“ berufen, nicht aber an der Bezeichnung „Deutsches Theater“. An dieser Bezeichnung habe das „Hotel Deutsches Theater“ kein Namensrecht, da. es unter dieser Bezeichnung im Verkehr nicht auftrete. Ein abgeleiteter Namensteilschutz komme nicht in Betracht, da dieser Teil nicht als Hinweis auf das Hotel Deutsches Theater verstanden werde.

Der Antragsgegner habe die streitgegenständliche Domain im Internet auch genutzt. Diese Domain sei aktiviert gewesen, auch wenn der Antragsgegner unter ihr keine Inhalte angeboten habe. Allein das Aktivieren einer Domain im Internet stelle eine Nutzung der Domain dar, unabhängig davon, in welchem Umfang der Inhaber der Domain konkrete Inhalte zuordne. Jedenfalls hätte der Antragsgegner zu jeder Zeit der Domain-Bezeichnung Inhalte zuordnen können; in jedem Fall sei daher Begehungsgefahr gegeben.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung erwies sich als rechtmäßig. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG sowie aus § 12 BGB. Der Darlegung eines Verfügungsgrundes bedarf es nicht (§ 25 UWG, der auf Ansprüche aus dem MarkenG entsprechend anwendbar ist).

1. „Deutsches Theater“ ist die besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs (Etablissements-Bezeichnung; § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG, früher § 16 Abs. 1 UWG).

Der Schutz setzt Kennzeichnungskraft von Haus aus oder Verkehrsgeltung voraus.
Bei Theatern liegen besondere Verhältnisse vor. Wie bei Gasthöfen und Hotels, aber auch bei Zeitungen ist es bei Theatern weithin üblich, zu ihrer Bezeichnung den Gattungsbegriff „Theater“ zu verwenden und diesen durch einen Zusatz zu individualisieren. Dem Verkehr genügen auf diesem Gebiet (ähnlich wie auf dem Gebiet der Zeitungen, vgl. „Deutsche Zeitung“, BGH LM § 16 UWG Nr. 52) zur Unterscheidung auch Zusätze, die, für sich genommen, wiederum Gattungsbegriffe darstellen (z.B. „Nationaltheater“, „Deutsches Theater“). Auf diesem Gebiet genügt also die Kombination zweier, jeweils für sich genommen, Gattungsbegriffe, um Unterscheidungskraft zu begründen. Die Bezeichnung „Deutsches Theater“ wird vom Verkehr deswegen von Haus aus als besondere Bezeichnung eines bestimmten Theaters verstanden – nicht als Gattungsbegriff für alle Theater in Deutschland.
Jedenfalls aber käme der – seit über 100 Jahren verwendeten -Etablissements-Bezeichnung „Deutsches Theater“ Verkehrsgeltung zu, wie die Kammer aus eigener Kenntnis feststellen kann. Allen Mitgliedern der Kammer war das „Deutsche Theater“ ein Begriff. Für ein Verfügungsverfahren genügt diese Feststellung der Verkehrsgeltung anhand der Wahrscheinlichkeit (Gebrauch seit über 100 Jahren) und der Kenntnis der Mitglieder der Kammer .

2. Die (identische) Verwendung dieser Bezeichnung als Domain-Name durch den Antragsgegner ist unbefugte Benutzung im geschäftlichen Verkehr, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

a) Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei Verwendung einer nach dem MarkenG geschützten geschäftlichen Bezeichnung als Domain-Name im Internet in jedem Fall um eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr.
In der Literatur wird jedoch teilweise unterschieden; manche Autoren halten es auch für möglich, daß Domain-Namen außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, zu rein privaten Zwecken, verwendet werden.
Nach Ansicht dieser Literaturstimmen wäre es erforderlich, zu begründen, daß die Internet-Adresse „deutsches-theater.de“ im geschäftlichen Verkehr verwendet wird oder verwendet werden soll; denn aus dem gegenwärtigen Stand der Eintragung ergibt sich nicht ohne weiteres, wie der Antragsgegner die Registrierung zu verwenden gedenkt.
Dies ergibt sich aber aus seiner eigenen Einlassung, wonach diese Internet-Adresse der Werbung für das „Hotel Deutsches Theater“ im Internet dienen soll. Daß die Werbung für ein Erwerbsgeschäft im geschäftlichen Verkehr liegt, bedarf keiner weiteren Begründung.

b) Die Verwendung des Domain-Namens „deutsches-theater.de“ durch den Antragsgegner ist geeignet, Verwechslungen mit dem von der Antragstellerin betriebenen „Deutschen Theater“ hervorzurufen.

Domain-Namen werden wie Fernschreibkennungen (vgl. BGH GRUR 86, 475 Fernschreibkennung) – üblicherweise aus der eigenen Marke, Firma oder einem sonstigen Unternehmenskennzeichen abgeleitet. Sie werden daher vom Verkehr auch als kennzeichenmäßiger Hinweis auf das Unternehmen, das den entsprechenden „host“-Computer betreibt, aufgefaßt. Demnach werden jedenfalls nicht unerhebliche Verkehrskreise aus dem Domain-Namen „deutsches-theater.de“ darauf schließen, daß die Antragstellerin diesen „host“-Computer betreibt oder betreiben läßt. Wie weit der Inhalt der „Homepage“ diese Annahme überhaupt ausschließen könnte – sie kann ja schon, bevor diese Homepage überhaupt zur Kenntnis genommen wird, bestehen -, kann dahinstehen, da die über den Domain-Namen „deutsches-theater.de“ erreichbare Homepage keinen Eintrag aufweist, die Fehlvorstellung, es handele sich um eine Einrichtung der Antragstellerin, also nicht korrigiert werden kann.
Tatsächlich aber hat die vom Antragsgegner unter dem Domain-Namen „deutsches-theater.de“ eingerichtete Internet-Adresse mit der Antragstellerin und dem „Deutschen Theater“ nichts zu tun – insbesondere nicht in dem Sinn, daß die Antragstellerin den Antragsgegner mit der Einrichtung der Internet-Adresse unter dem Domain-Namen „deutsches-theater.de“ beauftragt hätte.
Es handelt sich vielmehr um den Fall, daß der Internet-Anschluß unter dem Domain-Namen, der auf ein (bekanntes) Unternehmen hindeutet, ohne Auftrag dieses Unternehmens, aber in der Absicht eingerichtet wurde, diesen Auftrag aufgrund der Tatsache, daß der Domain-Name belegt ist, noch zu erhalten.

c) Diese Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung der Antragstellerin durch den Antragsgegner geschah unbefugt.

Der Antragsgegner hat kein Recht an dieser Kennzeichnung. Der Rechtfertigungsversuch des Antragsgegners, es habe von seiten des „Hotels Deutsches Theater“ ein Auftrag vorgelegen, geht in zweifacher Hinsicht fehl: Zum einen war die Beauftragte die Othello Service GmbH, nicht der Antragsgegner; wieso er meint, Aufträge ohne Abstimmung mit dem Auftraggeber eigenmächtig von einer juristischen Person auf einen Gesellschafter derselben umleiten zu können, hat er nicht begründet. Zum anderen aber hat auch das „Hotel Deutsches Theater“ keine Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung „Deutsches Theater“. „Deutsches Theater“ ist innerhalb der Etablissements-Bezeichnung „Hotel Deutsches Theater“ kein Teil, der selbständig als Name für das „Hotel Deutsches Theater“ dienen könnte; denn der Verkehr würde unter „Deutsches Theater“ zuerst das – dem Hotel gegenüberliegende – Theater verstehen. Insofern liegen die Verhältnisse anders als beim „Bayerischen Hof“ oder den „Vier Jahreszeiten“, bei denen es ohne weiteres möglich ist, die Gattungsbezeichnung „Hotel“ wegzulassen. Beim „Hotel Deutsches Theater“ ist es dagegen nicht möglich, weil allein durch das hinzugefügte „Hotel“ die Unterscheidung gegenüber dem „Deutschen Theater“ ermöglicht wird.
Unbehelflich ist auch der Hinweis des Antragsgegners auf die Tatsache, daß es auch in Göttingen und Berlin „Deutsche Theater“ gibt – und zudem noch ein Kino in Spremberg, das diese Bezeichnung führt. Der Antragsgegner kann sich nicht auf Rechte dieser Dritten, mit denen er nichts zu tun hat, berufen. Es mag auch sein, daß wegen der Existenz dieser weiteren „Deutschen Theater“ die Antragstellerin nicht den vom Antragsgegner verwendeten Domain-Namen „deutsches-theater.de“ – ohne lokalisierenden Zusatz – selbst verwenden kann. Das gibt jedoch noch lange nicht dem Antragsgegner das Recht, dies zu tun.

3. Etablissements-Bezeichnungen sind auch durch 12 BGB geschützt (Palandt, 56. Aufl., Rdnr. 10 zu 12 BGB). Die Verwendung als Domain-Name durch den Antragsgegner ist eine Benutzung zu dem Zweck, die Einrichtung einer anderen Person namensmäßig zu bezeichnen – da der Domain-Name üblicherweise den Betreiber des „host“-Computers erkennen läßt. Hierdurch entsteht auch die Gefahr einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung -weil für den Verkehr nicht einmal aus dem Inhalt der „Homepage“ erkennbar wird, daß der unter dem Domain-Namen „deutsches-theater.de“ betriebene „host“-Computer nicht vom „Deutschen Theater“ betrieben wird.

4. Die Registrierung der Domain „deutsches-theater.de“ ist nach Ansicht der Kammer bereits eine Benutzung dieser Bezeichnung. in jedem Fall bestünde, wie die Antragstellerin richtig ausführt, Begehungsgefahr.

5. Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1 ZPO

Seifried                                    Lingau                              Gärtner
Vorsitzender Richter                 Handelsrichterin                Handelsrichterin
am Landgericht