Gericht: | LG Bonn |
Aktenzeichen: | 1 O 374/97 |
Entscheidungsdatum: | 22.09.1997 |
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
(…)
– Antragstellerin –
(…)
– Antragsgegnerin –
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn
am 22. September 1997
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht
Richterin am Landgericht und
Richterin
b e s c h l o s s e n:
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe:
I. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung der Benutzung und Freigabe einer sogenannten Internet-Domain. Und zwar ist seit dem 7.10.1996 für die Antragsgegnerin die Internet-Domain „detag.de“ reserviert. Diese Internet-Domain möchte die Antragstellerin für sich selbst im Hinblick auf den gleichlautenden Namen ihres Unternehmens nutzen Die Antragsgegnerin lehnte jedoch die Freigabe der Internet-Domain ab.
II. Der Antrag der Antragstellerin war zurückzuweisen, da ihr kein Verfügungsanspruch auf Unterlassung der Benutzung der Zeichenfolge „detag.de“ und dessen Freigabe an sie zusteht.
So liegt der Fall indessen hier nicht. Vielmehr geht die Kammer davon aus, daß auch die Antragsgegnerin ein legitimes eigenes Interesse an der Reservierung der Internet-Domain hat. Denn das streitgegenständlich verwendete Kürzel besteht jeweils aus den Anfangsbuchstaben der Firmenbezeichnung der Antragsgegnerin, nämlich Deutsche Telekom AG. Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, daß eine Interessenverletzung im Sinne des § 12 BGB immer dann vorliegt, wenn eine Verwechslungsgefahr besteht (Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 12 Rdnr. 30; Nordemann, NJW 1997, 1896). Allerdings reicht die Verletzung eigener Interessen dann nicht für eine Anwendbarkeit des § 12 BGB aus, wenn auf der anderen Seite ebenfalls berechtigte Interessen für die Nutzung der Internet-Domain bestehen (Nordemann, NJW 1997, 1896; Bücking, NJW 1997, 1890 f.). Hat demnach der Benutzer der Internet-Domain ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Verwendung dieser Domain, so kann er sich auf den Grundsatz berufen, daß jeder sich unter seinem Namen im geschäftlichen Verkehr betätigen darf, mit der Folge, daß § 12 BGB nicht anwendbar ist. Vielmehr gilt in diesem Fall das Prioritätsprinzip, so daß derjenige, der das Kürzel zuerst verwendet hat, dieses auch weiterhin im Internet nutzen darf. Der später Hinzukommende ist dadurch nicht völlig rechtlos gestellt, denn ihm bleibt jederzeit die Möglichkeit, sich selbst durch einen Zusatz rechts von der Domain ebenfalls auszuweisen. Nur dann, wenn jemand keinerlei Rechte an dem als Internet-Domain verwendeten Namen oder Bezeichnung hat, kann er sich auch nicht auf eigene Interessen berufen, weshalb in diesen Falle die Verwendung der Internet-Domain rechtsmißbräuchlich ist.
2. Ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt des Eingriffs in ihren Gewerbebetrieb. Zwar ist anerkannt, daß derjenige, der dieses Werbeforum ohne eigenes legitimes Interesse blockiert, um etwa die solchermaßen erlangte Position zu versilbern oder sonst auf Kosten des eigentlichen Rechtsinhabers zu vermarkten, einen betriebsbezogenen Eingriff in dieses Schutzgut vornimmt. Denn die Blockade eines Domain-Namens zum Zweck der Gewinnerzielung richtet sich in der Regel spezifisch gegen die betriebliche Vermarktungsstruktur und damit – bezogen auf die Auswahl möglicher Werbestrategien – auch gegen die unternehmerische Entschließungsfreiheit (Bücking, NJW 1997, 1887 m.w.N.). Im vorliegenden Fall besteht aber wie bereits dargelegt auf Seiten der Antragsgegnerin ein ebenso legitimes Interesse an der Verwendung der Internet-Domain und es ist genauso wenig vorgetragen, daß die Antragsgegnerin durch die Wahl des Internet-Domains gerade auf Kosten der Antragstellerin Vorteile erlangen wollte.
3. Letztlich ergibt sich ein Anspruch der Antragstellerin auch nicht aus § 15 Abs. 2, 3 MarkenG. Nach diesen Vorschriften ist es Dritten untersagt, geschäftliche Bezeichnungen, also Unternehmenskennzeichen und Werktitel gemäß § 5 MarkenG im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn insoweit eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, oder der gute Ruf einer im Inland bekannt geschäftlichen Bezeichnung ausgenutzt wird (zur Anwendung des Markengesetzes vgl. LG Braunschweig Urteil vom 28.1.1997 – 9 0 450/96, NJW-CoR 1997, 304 (Ls.)). Zwar ist die Verwendung der Internet-Domain „detag“ seitens der Antragsgegnerin durchaus geeignet, Verwechslungen mit der geschäftlichen Bezeichnung der Antragstellerin hervorzurufen In diesem Zusammenhang kann jedoch die Entscheidung der Frage, ob das Markengesetz auch auf Internet-Domains Anwendung findet, dahinstehen, weil – wie bereits dargelegt – die Antragsgegnerin ebenso wie die Antragstellerin ein legitimes Interesse an der Benutzung der streitgegenständlichen Internet-Domain hat. Denn § 15 MarkenG, der dem Rechtsinhaber ein ausschließliches Recht an seiner geschäftlichen Bezeichnung einräumt, findet seine Einschränkung in der Regelung des § 23 MarkenG. § 23 MarkenG gestattet ausdrücklich eine lautere Nutzung von Namen, etwa des eigenen Namens oder der eigenen Anschrift (§ 23 Nr.1 MarkenG). Nur dann, wenn keine rechtfertigenden Gründe für die Benutzung der Internet-Domain bestehen, etwa weil der Verwender ohne erkennbaren Grund eine Internet-Domain verwendet, die die Gefahr der Verwechslung in sich birgt, kommen die Vorschriften des Markengesetzes zur Anwendung. Denn – wie bereits zum Ausdruck gebracht – es kann niemand an der lauteren Führung seines Namens im geschäftlichen Verkehr gehindert werden