Gericht: | LG Berlin |
Aktenzeichen: | 52 O 111/07 |
Entscheidungsdatum: | 21.02.2008 |
Normen: | BGB §§ 12, 826, 1004 |
Auch auf eine zu unterlassende Namensanmaßung kann der Anspruch nicht gestützt werden, wenn der Familienname zugleich rein beschreibende Bedeutungen aufweist und der Namensträger keine überragende Bekanntheit darlegt. In einem solchen Fall der Gleichnamigkeit kommt bei mehreren berechtigten Namensträgern lediglich das Prinzip der Priorität der Registrierung zur Anwendung.
LANDGERICHT BERLIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 12.7.2007 wird aufrechterhalten.
2. Der Kläger hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Löschung der für ihn bei der … eG registrierten Domain … .de.
Der Kläger führt den Familiennamen „N“. Unter diesem Namen meldete er am 06.06.2003 sein Gewerbe für den Vertrieb von Leiterplatten und elektronischen Bauelementen an. Zuvor betrieb bereits der Vater des Klägers unter seinem Namen eine Leiterplattenproduktion und nutzte 15 Jahre lang die Domain … .de. Im Jahre 2000 verkaufte der Kläger das väterliche Unternehmen an die .. Deutsche Leiterplattenunternehmensgruppe, die den Betrieb unter der Firmierung N Elektronik GmbH fortführte. Der Kläger behielt die Domain … .de, um sie für ein neu zu eröffnendes Geschäft weiter zu verwenden. Sie wurde aber mit Zustimmung des Klägers von der Erwerberin benutzt, um den Namen bekannt zu halten.
Nach der Insolvenz der Erwerberin des väterlichen Unternehmens meldete der Kläger am 6.6.2003 sein Gewerbe für den Vertrieb von Leiterplatten an und nutzte die Domain … .de wieder für sich.
Im Frühjahr 2006 vergab der Kläger die Administration der Domain an die K EDV-Dienstleistungen GmbH und veranlasste hierzu den Umzug von der früheren AdminiS…rin, der FA. .. Internet & … zu ihr (der Fa. K). Dieser Umzug sollte über die S AG laufen. Am 18.04.2006 beauftragte Herr … K die S AG, den Umzug auf den Server der K EDV-Dienstleistungen GmbH durchzuführen. Am selben Tag schrieb die S AG, dass die Bestellnummer noch ergänzt werden solle, da sonst keine Zuordnung möglich sei. Da Herr K keine Bestellnummer ermitteln konnte schickte er am 07.07.2006 erneut den Antrag an die S AG, die Domain … .de auf den S-Vertrag der K EDV-Dienstleistungen GmbH umzuziehen.
Am 10.07.2006 teilte die S AG per Fax mit, dass eine Zuordnung ohne Bestellnummer nicht möglich sei. Hierauf veranlasste Herr K die Löschung der Domain, um sie sodann erneut für den Kläger anmelden zu können. Am 21.07.2006 teilte die S AG mit, die Domain sei in der Zeit zwischen Löschung und Antrag auf Neuregistrierung anderweitig für den Beklagten registriert worden.
Nach der Registrierung der Domain für den Beklagten ließ der Kläger die Domain leiterplattenteam.com im April 2007 für sich registrieren und benutzt diese. Außerdem benutzt er die Domain … -pcb.de.
Der Beklagte bietet unter der Domain p.. .de. Domains als substantivische sowie adjektivische Gattungsbegriffe zum Kauf an. Im Angebot sind derzeit beispielsweise die Domains a..medikament.de chr.. .com, …-shooting.de, handy…geber.de, …finanzierung.de, single-… .de. Die streitgegenständliche Domain gehört nicht zu diesem Angebot. Die Domain … .de ist seit der Registrierung für den Beklagten weder konnektiert noch mit Inhalt versehen.
Der Kläger ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 13.02.2007 vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern.
Am 4.1.2008 wurde für den Beklagten beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 30…9 die Wortmarke … für die Klassen 14, 15, 44 eingetragen. Wegen der Einzelheiten der Eintragung wird auf die Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 9.1.2008 Bezug genommen.
Durch Versäumnisurteil vom 12.7.2007 hat die Kammer die Klage auf Zustimmung zur Löschung der für den Beklagten registrierten Domain … .de abgewiesen. Gegen das ihm am 14.8.2007 zugestellt Versäumnisurteil hat der Kläger am 1.8.2007 Einspruch eingelegt.
Der Kläger behauptet, er trete unter seinem vollständigen Namen im geschäftlichen Verkehr auf. Er sei durch die Blockierung der Domain … .de durch den Beklagten beeinträchtigt. Der Name „N“ habe eine dreißigjährige Tradition mit einem entsprechenden Wert in der Leiterplattenproduktion. Seine Kunden hätten noch heute die Domain … .de gespeichert.
Der Kläger meint, ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Domain ergebe sich aus §§ 5, 15 MarkenG, da der Beklagte seine geschäftliche Bezeichnung verletzt habe. Aufgrund der Eintragung der Wortmarke … u.a. für Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren bestehe Erstbegehungsgefahr. Auf die Angaben des Beklagten zur beabsichtigten Nutzung käme es nicht an. Des weiteren ergebe sich sein Anspruch aus §§ 12, 823 Abs.1, 1004 BGB und aus §§ 826, 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt des Domaingrabbings.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil vom 12.7.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Löschung der für ihn bei der D eG, Frankfurt/Main, registrierten Domain … .de zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
Er rügt die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin, da der Kläger nicht vorgetragen habe, dass sich die Verletzung des behaupteten Namensrechts im konkreten Verhältnis der Prozessparteien im Bezirk des Gerichts ausgewirkt habe. Weder der Begehungs- noch der Erfolgsort der behaupteten Namensrechtsverletzung lägen im Bezirk des Gerichts.
Er behauptet, die Domain … .de vorsorglich für eine Bekannte reserviert zu haben, die sich einmal dahingehend geäußert habe, eine Werbeagentur gründen zu wollen. Da diese Werbeagentur weder gegründet sei noch feststehe, ob sie je gegründet werde, würden unter der Domain weder Inhalte präsentiert noch werde sie zum Verkauf angeboten. Letzteres sei auch nicht geplant. Er habe sich außerdem die Marke eintragen lassen, um für seine Bekannte oder evt. Für sich die Domain irgendwann einmal in Web-Projekten einsetzen zu können.
Der Beklagte meint, bei der Domain … .de handele es sich um einen Gattungsbegriff. Auch wenn an einem Gattungsbegriff gleichzeitig Namens- oder Kennzeichenrechte bestünden, verbleibe es in der Regel beim Prinzip der Priorität der Registrierung, so dass der Inhaber eines Namens- oder Kennzeichenrechts gegen die Verwendung dieser Bezeichnung als Domainname nicht mit Erfolg vorgehen könne, auch wenn der Dritte, der sich diese Bezeichnung habe registrieren lassen und den Domainnamen als Sachhinweis nutze, über kein eigenes Namens- oder Kennzeichenrecht verfüge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 12.7.2007 hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Berlin ist gemäß §§ 14 Abs. 2 UWG, 32 BGB örtlich zuständig. Denn Begehungsort ist bei Internetverstößen jeder Ort, an dem die Information dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird und keine bloß zufällige Kenntnisnahme vorliegt. Hier ist dabei nicht allein auf den Kläger abzustellen, da die von ihm beanspruchte Domain bestimmungsgemäß von Interessenten und Kunden deutschlandweit, also auch in Berlin, abgerufen werden soll.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Löschungsanspruch jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Selbst wenn der Kläger seinen Familiennamen N im geschäftlichen Verkehr als Unternehmenskennzeichen nutzt, kommt ein Anspruch aus §§ 5, 15 MarkenG nicht in Betracht. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte die geschäftliche Bezeichnung entgegen § 15 Abs.2 MarkenG in einer Weise benutzt, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
Der Beklagte hat die Domain bislang lediglich für sich registrieren lassen, ohne dass sie konnektiert wäre oder eine Homepage mit Inhalt unter der Domainadresse existierte. Eine gegenwärtige Nutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr liegt somit nicht vor. Der Beklagte bietet die Domain auch nicht zu Verkauf an.
Zwar hat der Beklagte inzwischen die Wortmarke N beim Deutschen Patent- und Markenamt für sich eintragen lassen und zwar für die Klassen 14, 15 und 44. Daher könnte sich aufgrund Vorliegens einer durch die Markeneintragung begründeten Erstbegehungsgefahr ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten ergeben. Denn die streitgegenständlichen Zeichen sind identisch und die Marke ist u.a. für Waren/Dienstleistungen der Klasse 14, also Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, eingetragen. Leiterplatten werden im Wesentlichen aus Edelmetallen hergestellt.
Der Kläger trägt zu Recht vor, dass sich in Fällen, in denen das Recht an einer geschäftlichen Bezeichnung verletzt wird, neben dem in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch zugleich der Anspruch darauf ergibt, eine ggf. eingetretene Rechtsverletzung zu beseitigen. Das führt hier jedoch nicht dazu, dass der Kläger Zustimmung zur Löschung der Domain verlangen kann. Trotz der Markeneintragung steht die Nutzung der Domain nicht konkret bevor. Aufgrund der Eintragung der Marke für Waren/Dienstleistungen verschiedener Klassen sind zahlreiche Nutzungen der Domain in völlig anderen Bereichen, in denen keine Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeiten zur klägerischen Branche besteht, denkbar. So wurde die Marke auch für Musikinstrumente (Klasse 15) und medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft (Klasse 44) eingetragen. Die Klasse 14 umfasst neben den dem Kläger ähnlichen Waren außerdem Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente und somit allesamt Waren, die mit dem klägerischen Angebot nicht verwechslungsfähig sind.
Auch Ansprüche gemäß §§ 12, 823, 826, 1004 BGB scheiden aus.
Für ein Domaingrabbing gemäß §§ 826, 1004 BGB ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Insbesondere die Tatsache, dass der Beklagte, der zahlreiche generische Domains zum Kauf anbietet, die streitgegenständliche seit Jahren nicht in dieses Angebot aufgenommen hat, spricht gegen die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht. Dass der Beklagte die Absicht hätte, dem Kläger die Domain zu verkaufen, ist eine bislang durch nichts hinterlegte reine Vermutung. Hinzu kommt, dass in der Registrierung eines Gattungsbegriffs als Domainname in der Regel keine sittenwidrige Schädigung liegt, auch wenn es nahe liegt, dass ein Unternehmen diesen Domainnamen für seinen Internetauftritt verwenden könnte (BGH GRUR 2005, 687 – … online.de).
Auch eine zu unterlassende Namensanmaßung gemäß §§ 12, 823, 1004 BGB ist nicht gegeben.
Zwar ist dem Kläger darin grundsätzlich Recht zu geben, dass eine unberechtigte Namensanmaßung dann vorliegt, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht und dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt (vgl. BGH GRUR 2003, 897 – m… .de; 2005, 430 f. – mho.de).
Allerdings besteht hier die Besonderheit, dass der Familienname des Klägers zugleich rein beschreibende Bedeutungen aufweist, wie einerseits die Berufsbezeichnung „N“, die zugegebenermaßen wenig populär sein dürfte, aber existiert, andererseits die Steigerung des Adjektivs „n“, also „N“. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung bezieht sich aber nicht auf derartige Namen, sondern auf reine sinnfreie Namen bzw. Unternehmenskennzeichen ohne parallele beschreibende Bedeutung (s… .de, m… .de, m.. .de).
Für die generischen Begriffe „N“ und „N“ kommt auch der Beklagte als Nutzungsberechtigter in Betracht, da er sich die Domain „… .de“ nach deren Löschung durch die K GmbH hat registrieren lassen. Kommen mehrere berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht, führt die in Fällen der Gleichnamigkeit gebotene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen nämlich im allgemeinen dazu, dass es mit der Priorität der Registrierung sein Bewenden hat. Nur wenn einer der beiden Namensträger eine überragende Bekanntheit genießt und der Verkehr seinen Internet-Auftritt unter diesem Namen erwartet, der Inhaber des Domain-Namens dagegen kein besonderes Interesse gerade an dieser Internet-Adresse dartun kann, kann der Inhaber des Domain-Namens verpflichtet sein, seinem Namen in der Internet-Adresse einen unterscheidenden Zusatz beizufügen (BGH GRUR 2002, 622 – s… .de; 2003, 897 – … .de). Überragende Bekanntheit seines Firmennamens hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Letztlich kommt ein Anspruch aus § 12 BGB nur in Betracht, wenn mit der Registrierung des Domainnamens eine erhebliche Beeinträchtigung der aus dem Kennzeichenrecht fließenden namensrechtlichen Befugnisse verbunden ist (BGH GRUR 2002, 622 – … .de; GRUR 2005, 687 – …online.de). Das ist hier nicht ersichtlich. Es ist zwar vorgetragen und nachvollziehbar, dass der Kläger ein Interesse an der Benutzung der Domain … .de hat, die seit Jahren für das Unternehmen des Klägers und dessen Vaters genutzt wurde. Das reicht jedoch nicht aus, um festzustellen, dass der Kläger durch die Blockierung der Domain durch den Beklagten behindert worden ist. Trotz der Blockierung der Domain kann der Kläger sein Geschäft in vollem Umfang weiter führen und auch im Internet auftreten. Er trägt selbst vor, dass er seit April 2007 die Domain l…platten.com nutzt. Daneben nutzt er auch die Domain n…-pcb.de.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.