LG Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2006, Az. 2a O 34/06 – „frag-den-steuerfuchs.de“

Gericht: LG Düsseldorf
Aktenzeichen: 2a O 34/06
Entscheidungsdatum: 12.07.2006
Normen: MarkenG §§ 14, 15, UWG §§ 3, 4, 8
Leitsätze der Redaktion:
Die Nutzung der Domain „frag-den-steuerfuchs.de“ verletzt keine Rechte an der Marke „SteuerFuchs“, denn die angesprochenen Verkehrskreise dürften den zusammengesetzten, generischen Begriff („…fuchs“) mehrheitlich nicht als Herkunftshinweis, sondern als reine – für den allgemeinen Gebrauch freihaltebedürftige – Beschreibung einer bestimmten Gruppe von Menschen verstehen, die in ihrem Fachgebiet besonders versiert sind.

LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit (…)

hat die 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 31.05.2006 (…) für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte keine Ansprüche auf die Abgabe folgender Verpflichtungserklärungen durch den Kläger hat, derer sie sich ihm gegenüber in ihrer Abmahnung vom 17.02.2006 berühmt hat, nämlich

1. es in jeder Form zu unterlassen, den Begriff „Steuerfuchs“ in allen Varianten und Schreibweisen auch in Verbindung mit anderen Worten, z.B. „frag-den-steuerfuchs“ zu nutzen, zu veröffentlichen, in Verkehr zu bringen, oder Dritte zugänglich zu machen, insbesondere damit zu werben oder für Werbezwecke zu verwenden, einschließlich aller elektronischer Nutzungsformen,

2. es weiterhin zu unterlassen, die Internetdomain www.frag-den-steuerfuchs.de zu nutzen,

3. die Internetdomain www.frag-den-steuerfuchs.de unverzüglich abzumelden bzw. löschen zu lassen,

4. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 – 3 dargestellten Verpflichtungen und unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs an die Rechtsinhaberin eine Zahlung von 20.000,- Euro zu leisten,

5. die durch die Einschaltung der Anwaltskanzlei (…) entstandenen Kosten in Höhe von 1,3 Geschäftsgebühr eines Gegenstandwertes von vorläufig 50.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale und gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Der Kläger ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt und Dozent für Steuerrecht. Er registrierte die Domain www.frag-den-steuerfuchs.de für seine Rechtsanwalts- und Steuerberatungspraxis, im Rahmen derer er seine Beratungsleistungen – u.a. per Email oder Telefon – anbietet. Im Titel der Website befindet sich der Schriftzug „Frag den Steuerfuchs“. Wegen des weiteren Inhaltes der Startseite wird auf die als Anlage 1 mit der Klageschrift zur Akte gereichte Ablichtung Bezug genommen.

Die Beklagte ist ein seit 1996 tätiges Softwareunternehmen, das sich auf die Entwicklung von Bank-, Buchhaltungs- und Steuererklärungssoftware spezialisiert hat. Sie ist Inhaberin der Domain www.steuerfuchs.de. Dort bietet sie u.a. die Erstellung von Einkommenssteuererklärungen online an.

Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr (…), hatte zuvor im Jahre 1996 die Wortmarke „SteuerFuchs“ (Reg.Nr. 39514093.5) für die Waren- und Dienstleistungsklassen 09, 16 und 42 angemeldet. Ob der Beklagten entsprechende Nutzungsrechte an der Marke übertragen wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Mittels E-Mail vom 12.02.2006 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Domain www.frag-den-steuerfuchs.de abzumelden und den Begriff „Steuerfuchs“ nicht mehr zu verwenden. Dem trat der Kläger mit E-Mail vom gleichen Tag entgegen und forderte seinerseits die Erklärung von der Beklagten, keine Einwände gegen die Domain sowie die Verwendung des Begriffs „Steuerfuchs“ zu erheben. Die Beklagte kam diesem Ansinnen jedoch nicht nach, sondern übersandte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.02.2006 eine Abmahnung an den Kläger und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Wegen des Inhaltes des Abmahnschreibens wird auf die Anlage 2 zur Klageschrift verwiesen.

Nachdem der Kläger die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert hatte, stellte die Beklagte unter dem 03.03.2006 vor dem Landgericht Braunschweig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Diesem Antrag kam das Landgericht Braunschweig nach und erließ am 10.03.2006 eine einstweilige Verfügung gegen den Kläger, mittels derer ihm untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „SteuerFuchs“ und/oder „Frag den Steuerfuchs“ im Zusammenhang mit der Erbringung von Steuerdienstleistungen zu verwenden sowie die Domain www.frag-den-steuerfuchs.de zu nutzen. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch.

Der Kläger ist der Ansicht, eine Markenrechtsverletzung durch ihn sei nicht gegeben. Es fehle bereits an einer markenmäßigen Benutzung des Begriffes „Steuerfuchs“ da der Begriff von ihm rein beschreibend, nicht aber zur Abgrenzung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber denen eines anderen Unternehmens verwandt werde. Auch fehle es an einer Verwechslungsgefahr, da keine hinreichende Zeichenähnlichkeit gegeben sei. Der Kläger erhebt darüber hinaus die Einrede der Nichtbenutzung.

Er beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte keine Ansprüche, auf die Abgabe folgender Verpflichtungserklärungen durch ihn hat, derer sie sich ihm gegenüber in der Abmahnung der Beklagten vom 17.02.2006 berühmt hat, nämlich

1. es in jeder Form zu unterlassen, den Begriff „Steuerfuchs“ in allen Varianten und Schreibweisen auch in Verbindung mit anderen Worten, z.B. „frag-den-steuerfuchs“ zu nutzen, zu veröffentlichen, in Verkehr zu bringen, oder Dritten zugänglich zu machen, insbesondere damit zu werben oder für Werbezwecke zu verwenden, einschließlich aller elektronischer Nutzungsformen,

2. es weiterhin zu unterlassen, die Internetdomain www.frag-den-steuerfuchs.de zu nutzen,

3. die Internetdomain www.frag-den-steuerfuchs.de unverzüglich abzumelden bzw. löschen zu lassen,

4. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 – 3 dargestellten Verpflichtungen und unter Ausschluss an die Rechtsinhaberin eine Zahlung von 20.000,- Euro zu leisten,

5. die durch die Einschaltung der Anwaltskanzlei (…) entstandenen Kosten in Höhe von 1,3 Geschäftsgebühr eines Gegenstandwertes von vorläufig 50.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale und gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da aufgrund des rechtshängigen einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht Braunschweig die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf zweifelhaft sei und es an einem Feststellungsinteresse fehle.

Darüber hinaus sei die negative Feststellungsklage des Klägers unbegründet, da die Nutzung der Internetdomain sowie des Begriffes „Steuerfuchs“ gegen das MarkenG verstoße. Die Dienstleistungen der Parteien und deren Präsentation seien vergleichbar. Die Marke „SteuerFuchs“ kennzeichne ihre Leistungen und habe Unterscheidungskraft. Des weiteren behauptet sie, ihr Geschäftsführer habe ihr Nutzungsrechte an der Marke „SteuerFuchs“ eingeräumt. Eine Nutzung in den Klassen 09,16 und 42 erfolge seit 1996 bis zum heutigen Tag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: 

Die Klage ist zulässig und begründet.

l.

Die negative Feststellungsklage ist zulässig, da das Landgericht Düsseldorf zur Entscheidung befugt und ein Feststellungsinteresse des Klägers zu bejahen ist.

Das Landgericht Düsseldorf ist sowohl sachlich als auch örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit resultiert aus § 140 l MarkenG. Die örtliche Zuständigkeit ist gem. § 140 II MarkenG iVm. der Verordnung vom 12.08.1996, GV 1996, 348, gegeben, da bei der Verletzung von Kennzeichenrechten im Internet aufgrund der bundesweit – so auch im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf – bestehenden Möglichkeit des Abrufs von Internetinhalten grundsätzlich jedes Gericht zuständig ist (Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Auflage, § 141 Rz. 8).

Eine anderweitige Rechtshängigkeit gem. § 261 III Nr. 1 ZPO steht dem Verfahren nicht entgegen. Dem vor dem Landgericht Braunschweig rechtshängigen einstweiligen Verfügungsverfahren liegt ein anderer Streitgegenstand zugrunde als dem hiesigen Hauptsacheverfahren. Während Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzes der Anspruch auf Sicherung eines Geldanspruches oder eines Individualanspruches ist, liegt dem Hauptsacheverfahren der zu sichernde Anspruch selbst als Streitgegenstand zugrunde, so dass die Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht zur Rechtshängigkeit der Hauptsache an sich führt (Zöller, ZPO, 23. Auflage, Vor § 916 Rz. 5).

Das Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig lässt auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 256 l ZPO entfallen. Der Kläger hat ein schutzwürdiges Interesse an der Erhebung einer negativen Feststellungsklage, da sich die Beklagte durch die Abmahnung vom 17.02.2006 und dem vorausgegangenen Schriftverkehr der aus dem Tenor ersichtlichen Ansprüchen berühmt und den Rechten des Klägers dadurch eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dieses Feststellungsinteresse entfällt nicht allein dadurch, dass die Beklagte einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung wegen eines Unterlassungsbegehrens verfolgt (BGH GRUR 1985, 571 f.; Zöller, § 256 Rz. 14 a). Dem Kläger obliegt es vielmehr, da § 926 ZPO keine erschöpfende Regelung enthält, wahlweise im Wege der negativen Feststellungsklage eine Klärung des der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses herbeizuführen.

II.

Die negative Feststellungsklage ist auch begründet.

Die Beklagte ist nicht berechtigt, die mit der Abmahnung vom 17.02.2006 und der vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung gewünschten Erklärungen zu fordern. Sie hat gegen den Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Internetdomain www.frag-den-steuerfuchs.de sowie des Begriffes „Steuerfuchs“ oder der Wortkombination „frag-den-steuerfuchs“. Mithin kann sie sich auch nicht etwaiger Löschungs- oder Schadensersatzansprüche berühmen.

Die begehrten, aus dem Tenor ersichtlichen Unterlassungsansprüche folgen nicht aus §§ 14 I, II Nr. 2, V, 15 l, II Nr. 2, IV MarkenG.

Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagten die Nutzungsrechte an der Marke „SteuerFuchs“ übertragen wurden und die Einrede der Nichtbenutzung greift. Die Kammer vermag bereits eine Benutzung der Bezeichnung „Steuerfuchs“ bzw. „frag-den-steuerfuchs“ durch den Kläger als Marke nicht zu erkennen. Hieran fehlt es, da der angesprochene durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher die Kennzeichnung nicht als zur Unterscheidung dienendes Zeichen der so gekennzeichneten Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Dienstleistungen, sondern lediglich als beschreibende Angabe versteht.

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH setzt eine rechtsverletzende Benutzung nach den §§ 14, 15 MarkenG voraus, dass der Verkehr in dem angegriffenen Zeichen einen Herkunftshinweis sieht, der zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens benutzt wird (EuGH WRP 2002, 1415 – Arsena, Tz. 51/42; GRURInt 1999, 438 – BMW, Tz 38; BGH GRUR 2002, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK l, GRUR 2002, 812, 813 – FRÜHSTÜCKS-DRINK II). Hieran fehlt es, weil die angesprochenen Verkehrskreise in dem verwandten Begriff „Steuerfuchs“ sowie der angegriffenen Wortkombination „frag-den-steuerfuchs“ lediglich eine rein beschreibende Angabe sehen.

Der Kläger weist zutreffend daraufhin, dass sich die Marke der Beklagten „SteuerFuchs“ ebenso wie die Bezeichnung des Klägers zunächst aus zwei beschreibenden, dem allgemeinen Sprachgebrauch entlehnten Begriffen zusammensetzt. Mit dem Begriff „Steuer“ wird u.a. eine zweckgebundene Abgabe an den Staat bezeichnet. Mit dem Wort „Fuchs“ werden u.a. in der Tierwelt kurzbeinige Arten aus der Familie der Hunde benannt. Hieran angelehnt wird der Begriff häufig im übertragenen Sinne für einen schlauen, findigen Menschen verwandt. In der zusammengesetzten Form erkennt der Durchschnittsbetrachter mithin einen klugen Menschen, der sich auf dem Gebiet des Steuerrechts auskennt. Ebenso ist auch die konkrete Werbung des Klägers zu versehen, was sich insbesondere in der Wortkombination „frag-den-steuerfuchs“ niederschlägt, weil der Betrachter durch die rein beschreibende Redewendung aufgefordert wird, sich an einen Steuerfachmann zu wenden, ohne jedoch hiermit zwingend nur den Kläger zu verbinden. Gestützt wird die Betrachtungsweise der Kammer durch die Vielzahl weiterer Begriffspaar, die im allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden haben. So werden z.B. die Bezeichnungen „Sparfuchs“ oder „Rentenfuchs“ synonym für Menschen verwandt, die auf den jeweiligen Gebieten besonders findig oder bewandert sind. Auch das zeigt, dass die zusammengesetzten, generischen Begriffe vom Verkehr eher nicht als Herkunftshinweis, sondern als – für den allgemeinen Gebrauch freihaltebedürftige – Beschreibungen einer bestimmten Gruppe von Menschen verstanden werden.

Auch aus der konkreten Nutzung der Bezeichnung als Internetdomain ergibt sich vorliegend keine markenmäßige Benutzung. Zwar haben Internetdomains im allgemeinen Adressfunktion. Bei beschreibenden Angaben kommt es aber ebenso wie bei Gattungsbegriffen entscheidend darauf an, ob der Internetnutzer davon ausgeht, dass ihn Informationen zu dem Gattungsbegriff oder zu einem einzelnen Unternehmen erwarten (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, nach § 15 Rz. 81). Nach der Lebenserfahrung werden beschreibende Angaben jedoch nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden, sondern lediglich als Sachhinweis (BGH GRUR 2004, 775 f. – EURO 2000; GRUR 2002, 812 f. – FRÜHSTÜCKS-DRINK II).

Aus den vorstehenden Erwägungen scheiden auch etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten gem. §§ 14 VI, 15V MarkenG aus.

Der Beklagten steht auch kein Unterlassungsanspruch nach den Vorschriften des UWG, §§ 3, 4, 8 UWG, zu.

Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht unerheblich zu beeinträchtigten, sind nicht gegeben. Die Kammer vermag aufgrund der obigen Ausführungen eine gezielte Beeinträchtigung der Beklagten durch den Kläger nicht zu erkennen. Nähere Umstände, die einen solchen Schluss rechtfertigen könnten, sind von der Beklagten nicht hinreichend dargetan worden.

Auf die vorstehenden Rechtsansichten der Kammer wurden die Prozessbevollmächtigten der Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 50.000,- Euro

(Unterschriften)