muenchner-rueck.de

Gericht: Landgereicht München
Aktenzeichen: 1 HK O 16716/98
Entscheidungsdatum: 21.10.1998
Der gerade auch unter ihrem Firmenschlagwort „Münchner Rück“ bekannte Antragstellerin steht auch an diesem Firmenschlagwort ein Namensrecht gemäß § 12 BGB zu. Die Benutzung der Internet-Domain „muenchner-rueck.de“ durch den Antragsgegner stellt eine namensmäßige Benutzung und eine unbefugte Namensanmaßung dar
Münchener Rückversicherungs- Gesellschaft Aktiengesellschaft in München, vertr. durch den Vorstand Dr. Hans-Jürgen Schinzler u.a., Königinstraße 107, 80802 München

– Antragstellerin –

Prozeßbevollmächtigte,/r:

gegen

– Antragsgegner –

Prozeßbevollmächtigter:

wegen einstweiliger Verfügung

erläßt das Landgericht München 1, 1. Kammer für Handelssachen, durch Vorsitzende Richterin am Landgericht Pecher, Handelsrichterin Lingnau und Handelsrichter Knürr aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.10.98 folgendes

ENDURTEIL

I. Die einstweilige Verfügung vom 17.09.1998 wird aufgehoben.

II. Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 20.000,– abwenden, wenn nicht die Antragstellerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist das weltweit größte Rückversicherungsunternehmen. Sie ist unter ihrem Firmenschlagwort „Münchner Rück“ und „Münchener Rück“ bekannt. Außerdem ist sie weltweit Inhaberin von Marken, die „Münchener Rück“ in Alleinstellung zum Gegenstand haben. In Deutschland ist sie Inhaberin der deutschen Marke 1001343 „Münchener Rück“, eingetragen am 25.04.1980 für Rückversicherungen.

Der Antragsgegner ließ für sich unter der Bezeichnung „Oldtimer Versicherungsdienst“ im Wege des „Domain Grabbing“ zahlreiche bekannte Firmenbezeichnungen als Domain-Namen im Internet registrieren, darunter seit 31.07.1997 die Internet-Domain „muenchner-rueck.de“. Er bot im Internet den Abschluß von Nutzungsverträgen über diese Domain-Namen gegen Zahlung eines monatlichen Entgelts an.

Die Antragstellerin wurde am 18.08.1998 darauf aufmerksam, daß bei Eingabe der Internet-Adresse „http://www.muenchner.rueck.de“ in das Internet die Homepage „internet adressen.de“ erschien, auf der die exclusive Nutzung der Internet-Domain „http://www.muenchner-rueck.de“ angeboten wurde. Bei Anklicken des Links „Angebot“ erschien die Angebotsseite, auf der exclusive Domain-Adressen zur Nutzung gegen monatliches Entgelt angeboten wurden und als Anbieter der Antragsgegner unter „Heinz Hofmann-internet adressen-11 mit Anschrift angegeben war.

Der Antragstellervertreter erkundigte sich bei einem Telefonat am 14.09.1998 mit einer Frau Maier von der Vergabestelle DE-NIC, wie schnell eine Domain auf einen Dritten übertragen werden könne. Es wurde ihm mitgeteilt, daß dies innerhalb von ein bis zwei Tagen möglich sei, soweit DE-NIC eine entsprechende Erklärung des Inhabers der Domain erhalte. Auf die Frage, ob irgendwelche weiteren Voraussetzungen erforderlich seien, wie z. B. Erklärungen Dritter oder ähnliches, teilte Frau Maier mit, daß weitere Voraussetzungen nicht notwendig seien. Obwohl der Antragstellervertreter die Gesamtkonstellation und das beabsichtigte Vorgehen erläuterte, machte ihn die Ansprechpartnerin nicht auf andere Möglichkeiten, etwa auf die Möglichkeit eines WAIT-Antrags aufmerksam.

Zuletzt konnte die Homepage des Antragsgegners durch den Antragstellervertreter bei Eingabe der Internetadresse „http://www.muenchner.rueck.de“ am 17.09.1998 um 16.17 Uhr aufgerufen werden.

Mit Antrag vom 16.09.1998 erwirkte die Antragstellerin ohne vorherige Abmahnung des Antragsgegners am 17.09.1998 gegen den Antragsgegner eine einstweilige Verfügung, wonach dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde,

die Internet-Domain

„muenchner-rueck.de“

zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, Angebote zum Abschluß eines Nutzungsvertrages Über sie zu unterbreiten oder Nutzungsverträge über sie abzuschließen, sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Antragstellerin oder mit deren Zustimmung erfolgt.

Die einstweilige Verfügung wurde am 18.09.1998 um 9.45 Uhr dem Antragsgegner zugestellt. Am 18.09.1998 um 16.03 Uhr konnte die Homepage des Antragsgegners unter der besagten internet-Adresse nicht mehr aufgerufen werden. Die Internet-Adresse war am 18.09.1998 deaktiviert und zurückgegeben worden.

Die DE-NIC bietet die Möglichkeit, einen sog. Wait-Eintrag zu beantragen. Der Antragsteller muß versichern, gegen den derzeitigen Inhaber einer bestimmten Domain auf Freigabe des Domain-Namens vorgehen zu werden und die Gründe hierfür unter Beifügung von entsprechender Glaubhaftmachung durch Urkunden, gerichtliche Entscheidungen u. ä. angeben. Es ist vorgesehen, daß durch den Wait-Eintrag die Übertragung oder Änderung der Domain so lange blockiert wird, bis eine Klärung erfolgt ist. Bei Freigabe durch den derzeitigen Inhaber rückt der Inhaber des Wait-Eintrags automatisch nach. Der Domain-Inhaber wird durch eine Mitteilung über den Wait-Eintrag von der Blockierung in Kenntnis gesetzt. Die DE-NIC behält sich vor, bei Bekanntwerden von Tatsachen, die die Fortführung des Wait-Eintrags als unbegründet erscheinen lassen, diesen auch vor Ablauf der Laufzeit von einem Jahr wieder zu löschen.

Der Antragstellervertreter wurde auch nach Erlaß und Vorlage der einstweiligen Verfügung bei der DE-NIC bei einem Telefonat mit einer Dame in der dortigen Rechtsabteilung nicht auf die Möglichkeit eines Wait-Eintrags hingewiesen; auch wollte die Dame nicht von sich aus eine Wait-Stellung einräumen, da ihr die rechtliche Situation unklar war.

Dem Antragsgegnervertreter Rauscher wurde bei einem Telefonat mit der DE-NIC am 20.10.1998 erklärt, daß die DE-NIC einem Antrag auf Wait-Eintrag unverzüglich Folge leiste, wenn der Antragsteller der DE-NIC durch Vorlage einer Markenurkunde oder eines Handelsregisterauszugs u. ä. das Bestehen von Namensrechten an der konkreten Domain nachweise. Auf seine Anforderung wurde ihm binnen weniger Minuten von der DE-NIC ein entsprechendes Antragsformular zugefaxt.

Inzwischen ist die Antragstellerin Inhaberin der Domain „muenchner-rueck.de“.

Der Antragsgegner hat gegen die einstweilige Verfügung vom 17.09.1998 Widerspruch eingelegt.

Er ist der Ansicht, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei von Anfang an unbegründet gewesen.

Der Antragsgegner habe bezüglich der Domain „muenchner-rueck.de“ lediglich eine Reservierung besessen. Eine Konnektierung habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Diese Reservierung habe der Antragsgegner bereits im Mai 1998 gegenüber seiner Provider-Firma Schlund & Partner GmbH- gekündigt und diese habe die Löschung der Daten zum 30.06.1998 veranlaßt.

Zur Glaubhaftmachung legte der Antragsgegner ein Schreiben der Firma Schlund & Partner vom 18.09.1998 vor, in dem unter diesem Datum bestätigt wird:

„Ihre Kündigung der Domain muenchner-rueck.de ist bei uns eingegangen. Gemäß unserer AGB wird die Kündigung zum 30.06.1998 wirksam. Die Präsenz wird dann geschlossen. Zugehörige Daten werden gelöscht.“

Im Termin vom 21.10.1998 wurde sodann ein Schreiben der Firma Schlund & Partner vom 16.06.1998 vorgelegt, in dem es unter dem Betreff „Kündigungen“ heißt: „Hiermit bestätigen wir Ihnen die Kündigung der im folgenden aufgelisteten Co-Domains.“ Auf einem Beiblatt befindet sich unter zahlreichen geschwärzten Domains auch der Name „muenchner-rueck.de“. Weiter wurde vorgelegt eine eidesstattliche Versicherung des Antragsgegnervertreters Rauscher, wonach ihm eine Angestellte der Firma Schlund & Partner telefonisch mitgeteilt habe, dass ihre Firma die Providerin des Antragsgegners sei und für diesen mehrere Domains verwalte. Bei ihr sei am 27.05.1989 ein Schreiben eingegangen, in dem der Antragsgegner unter anderem für die Domain „muenchner-rueck.de“ die Kündigung ausgesprochen habe. Die Firma Schlund & Partner habe dem Antragsgegner die Kündigung umgehend schriftlich zum 30.06.1998 bestätigt. Aufgrund einer telefonischen Anfrage des Antragsgegners am 18.09.1998 habe die Firma die Kündigung zum 30.06.1998 noch einmal bestätigt.

Da der Antragsgegner schon lange vor Beantragung der einstweiligen Verfügung gegenüber seinem Provider auf die Rechte an der Domain verzichtet habe, habe für die Antragstellerin keinerlei Sicherungsbedürfnis bestanden.

Auch habe der Antragstellerin kein Anspruch auf Erlaß einer „Quasi-Sequestrationsverfügung“ zugestanden, da sie gegen den Antragsgegner allenfalls einen Anspruch auf Unterlassung, nicht jedoch auf Übertragung der Domain an sie gehabt habe,; nur ein derartiger Anspruch könne aber durch eine Sequestrationsverfügung gesichert werden.

Schließlich habe es des Erlasses einer einstweiligen Verfügung schon deshalb nicht bedurft, weil die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt habe, bei der DE-NIC einen Wait-Eintrag zu beantragen. Durch den Wait-Eintrag habe die Antragsgegnerin dieselben Wirkungen erzielen können wie durch die einstweilige Verfügung.

Dem Antragstellervertreter habe die Möglichkeit, einen Wait-Eintrag beantragen zu können, bekannt sein müssen, da auf diese Möglichkeit in der Anmerkung zur Entscheidung „krupp.de“ des Oberlandesgerichts Hamm in „Computer & Recht“, April 1998, hingewiesen worden sei.

Schließlich verwahre sich der Antragsgegner gegen die Kostentragungspflicht, da er vor Beantragung der einstweiligen Verfügung nicht abgemahnt worden sei. Wäre dies geschehen, so hätte der Antragsgegner die Möglichkeit gehabt, der Antragstellerin mitzuteilen, daß er die Domain schon lange gekündigt habe und es wäre keine einstweilige Verfügung mehr beantragt worden.

Der Antragsgegner beantragt daher,

die einstweilige Verfügung vom 17.09.1998 aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat und die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Sie ist der Auffassung, die einstweilige Verfügung sei zurecht ergangen. Der Antragstellerin hätten die entsprechenden Ansprüche im Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung zugestanden.

Die Hauptsache sei jedoch erledigt, da die verfahrensgegenständliche Domain nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 18.09.1998 gelöscht und an die DE-NIC zurückgegeben worden und die Antragstellerin inzwischen Inhaberin der Domain geworden sei.

Der Antragstellerin habe gegen den Antragsgegner ein Anspruch aus §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 BGB sowie aus §§ 15 Abs. 2, Abs. 3, 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Marken(,‘ zugestanden.

Die Behauptung des Antragsgegners, er habe bereits zum 30.06.1998 die Domain gekündigt und die Rückgabe veranlaßt, sei unwahr, da unter dieser Domain noch am 17.09.1998 die Homepage des Antragsgegners habe aufgerufen werden können und die Domain nach Auskunft der DE-NIC erst am 18.09.1998, also offensichtlich nach der an diesem Tag um 9.45 Uhr erfolgten Zustellung der einstweiligen Verfügung, zurückgegeben worden sei.

Selbst wenn die Angaben des Antragsgegners zutreffen sollten, habe er jedoch als Störer weiter gehaftet.

Aus der Tatsache, daß unter der Domain die Homepage des Antragsgegners tatsächlich habe aufgerufen werden können, ergebe ich auch, daß nicht nur eine Reservierung, sondern auch eine Konnektierung stattgefunden habe.

Die Möglichkeit der Beantragung einer Wait-Eintragung sei dem Antragstellervertreter nicht bekannt gewesen. Er habe die Entscheidung „krupp.de“ in der NJW CoR gelesen und, da er vor Absendung der einstweiligen Verfügung festgestellt habe, daß sie auch in CR abgedruckt sei, danach zitiert, die Anmerkung in CR jedoch nicht gelesen.

Im übrigen brauche sich die Antragstellerin auch nicht auf die ~Möglichkeit des Wait-Eintrags verweisen zu lassen.

Eine vorherige Abmahnung des Antragsgegners sei bewußt nicht erfolgt, da dieser dadurch geradezu angestiftet worden wäre, die Domain noch vor Wirksamwerden des gerichtlichen Verbots zu übertragen.

Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.10.1998 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Es war – unter klarstellender Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 17.09.1998 – die Erledigung der Hauptsache festzustellen.

Der Antragstellerin stand gegen den Antragsgegner hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Domain ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung und auf Rückgabe an die DE-NIC, bzw. Verzichtserklärung gegenüber der DE-NIC gemäß §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 BGB, 15 Abs. 2, Abs. 4, 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG zu.

Der gerade auch unter ihrem Firmenschlagwort „Münchner Rück“ bekannten Antragstellerin steht auch an diesem Firmenschlagwort ein Namensrecht gemäß § 12 BGB zu. Die Benutzung der Internet-Domain „muenchner-rueck.de“ durch den Antragsgegner stellt eine namensmäßige Benutzung und eine unbefugte Namensanmaßung dar. Wie das Landgericht Düsseldorf in der Entscheidung “epson.de“ (GRUR 98, 159, 162) zutreffend ausführt, ist für Domains der streitgegenständlichen Art charakteristisch, daß sie es einem Internetbenutzer gerade ermöglichen sollen, ohne positives Wissen von der Existenz einer Homepage eines Unternehmens den Zugriff durch Eingabe des Unternehmenskennzeichens auf das Geratewohl hin zu ermöglichen, weil der Nutzer regelmäßig davon ausgeht, daß sich etwa unter der Domain „lufthansa.de“ … die gleichnamige Fluggesellschaft, unter „focus.de“ das gleichnamige Magazin … und unter “epson.de“ der gleichnamige Hersteller und nicht ein beliebiger Computerhändler verbirgt. Aufgrund der auf diese Weise der Domain zukommenden Namensfunktion entsteht eine Zuordnungsverwirrung, wenn unter diesem Domain-Namen die Homepage des Antragsgegners und nicht die erwartete Homepage der Antragstellerin erscheint, so daß sich ein Unterlassungsanspruch aus 5 12 BGB ergibt.

Aus demselben Grund ist auch eine Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG zu bejahen, so daß der Unterlassungsanspruch auch aus 5 15 Abs. 4 MarkenG begründet ist.

Schließlich läßt sich der Anspruch auch aus § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG herleiten, dabei kommt es für die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen nicht darauf an, welche Dienstleistungen oder Inhalte auf der Homepage des Antragsgegners angeboten wurden. Die verwechslungsfähige Dienstleistung ist nämlich bereits die unter der Domain aufzurufende Homepage als solche (LG Düsseldorf, GRUR 98, 159, 162 epson.de).

Als Beseitigungsanspruch stand der Antragstellerin jedenfalls gemäß §§ 12, 823, 1004 BGB, bzw. 18 Abs. 3 MarkenG, 1004 BGB, auch ein Anspruch auf Verzicht auf die Domain gegenüber der DE-NIC, bzw. Rückgabe der Domain an die DE-NIC zu (Ingerl-Rohnke, Rdnr. 57 vor §§ 14 bis 19 MarkenG). Zur Sicherung dieses Verzichts- bzw. Löschungsanspruch hatte die Antragstellerin einen Anspruch auf Erlaß der verfahrensgegenständlichen Sequestrationsverfügung. Auch die Durchsetzung dieses Anspruchs hätte nämlich durch die im Verbotstenor genannten Verfügungen und Nutzungen zumindest erheblich erschwert werden können. Insbesondere durch eine Veräußerung oder Übertragung der Domain an einen Inhaber im Ausland hätten sich die Möglichkeiten der Rechtsverfolgung für die Antragstellerin erheblich verschlechtert, bei Abschluß eines Nutzungsvertrags mit einem Dritten wären die verletzten Rechte der Antragstellerin durch entsprechende Inhalte möglicherweise noch in stärkerem Maße verletzt worden.

Darauf, ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Übertragung der Domain an sie zustand, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Soweit der Verbotstenor die Einschränkung enthält „sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Antragstellerin … erfolgt“ bedeutet dies lediglich, daß damit jedenfalls alle Ansprüche der Antragstellerin erloschen wären, nicht jedoch, daß die einstweilige Verfügung der Sicherung eines derartigen Anspruchs dienen sollte.

Auf die Möglichkeit eines Wait-Eintrags mußte sich die Antragstellerin nicht verweisen lassen. Nur eine einstweilige Verfügung bewirkt gemäß § 136 BGB ein Verfügungsverbot mit dinglicher Wirkung. Nur durch sie kann sichergestellt werden, daß eine ihrem Inhalt zuwiderlaufende Verfügung unwirksam ist. Durch einen Wait-Eintrag verpflichtet sich die DE-NIC lediglich schuldrechtlich, keine anderweitigen Verfügungen des derzeitigen Inhabers auszuführen. Wird der Wait-Eintrag – aus welchen Gründen auch immer – nicht beachtet, so ist die Verfügung wirksam. Es kommt hinzu, daß sich die DE-NIC in dem Antrag auf Einräumung einer Wait-Stellung das Recht auf Löschung des Wait-Eintrags vorbehält, wenn sie der Ansicht ist, daß keine Rechtfertigung hierfür mehr gegeben ist.

Der Verfügungsanspruch war auch nicht schon vor Beantragung der einstweiligen Verfügung erloschen. Unstreitig war die Homepage des Antragsgegners noch am 17.09.1998 um 16.17 Uhr unter der verfahrensgegenständlichen Domain aufrufbar. Ebenso unstreitig wurde sie erst im Verlauf des 18.09.1998 deaktiviert. Sowohl nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners als nach der eidesstattlichen Versicherung von Rechtsanwalt Rauscher und dem vorgelegten Bestätigungsschreiben der Providerfirma Schlund & Partner vom 16.06.1998 hat der Antragsgegner die verfahrensgegenständliche Domain mit Schreiben vom 27.05.1998 lediglich gegenüber der Firma Schlund & Partner gekündigt. Selbst wenn man eine solche Kündigung zum damaligen Zeitpunkt als wahr unterstellt – nicht erklärt wird hiermit, warum die Firma Schlund & Partner die Kündigung nicht weitergeleitet und die Deaktivierung nicht überwacht hat sowie das zunächst vorgelegte Bestätigungsschreiben mit Datum 18.09.1998 und die Tatsache, daß die Deaktivierung unmittelbar nach Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner erfolgte – so hat der Antragsgegner doch für den bis 18.09.1998 fortbestehenden Verletzungstatbestand als Störer einzustehen. Der Antragsgegner hatte nämlich nicht durch die Kündigung gegenüber seinem Provider „alles ihm Zumutbare“ getan, sondern es oblag ihm auf dem Hintergrund seines vorangegangenen Domain-Grabbings die Verpflichtung, zu überwachen, ob die Löschung der Domain bei der DE-NIC tatsächlich erfolgt ist. Insoweit hätte der Antragsgegner die Möglichkeit und auch die Verpflichtung gehabt, sich eine Löschungsbestätigung der DENIC vorlegen zu lassen.

Auch ein Verfügungsgrund lag vor. Insbesondere fehlte es nicht an der Dringlichkeit. Die Antragstellerin hat mit eidesstattlicher Versicherung des Herrn Dr. Neuwald glaubhaft gemacht, daß sie von dem Verletzungstatbestand erst am 18.08.1998 erfahren hat. Der Antrag ist am 16.09.1998 bei Gericht eingegangen. Soweit im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 21.10.1998 noch eine eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners vorgelegt wurde, wonach er im Frühjahr 1998 einen Anruf einer männlichen Person erhalten habe, die ihm erklärt habe, „von der Münchner Rück AG zu sein“ und bei ihm angefragt habe, ob und gegebenenfalls zu weichem Preis er zur Veräußerung der Domain „muenchner-rueck.de“ an die Münchner Rück AG bereit sei-, so ist diese eidesstattliche Versicherung, die schon wegen des späten Zeitpunkts ihrer Vorlage Bedenken begegnet, auch inhaltlich nicht geeignet, die Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen. Da der Antragsgegner die Domain im Internet zur Nutzung angeboten hatte, könnte jedermann einen derartigen Anruf getätigt haben (um festzustellen, welchen Preis ein Domain-Grabber von der betreffenden Firma verlangen kann).

Da sonach im Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Verfügung sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund gegeben waren, ist durch die nach Zustellung der einstweiligen Verfügung erfolgte Löschung der verfahrensgegenständlichen Domain und die Tatsache, daß die Antragstellerin inzwischen Inhaberin der Domain ist, Erledigung der Hauptsache eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Kosten waren nicht gemäß 9 93 ZPO der Antragstellerin aufzuerlegen. Zum einen hat der Antragsgegner den Verfügungsanspruch nicht im.

Sinne von § 93 ZPO anerkannt, sondern -bestritten, daß dieser zum Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Verfügung noch vorgelegen habe – da er bereits zuvor alles ihm Zumutbare getan habe -, zum anderen war der Antragstellerin im vorliegenden Fall eine vorherige Abmahnung unzumutbar, da sie – Jedenfalls aus Sicht der Antragstellerin – zu Vereitelungsmaßnahmen geradezu eingeladen hätte und die angestrebte Sequestration undurchführbar gemacht hätte (Ingerl-Rohnke, Rdnr. 30 zu § 18 MarkenG). Dies gilt insbesondere auf dem Hintergrund, daß im Zeitpunkt der Antragstellung der Antragsgegner die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Domain immer noch im Internet angeboten hat, so daß die Antragstellerin jederzeit mit Kontaktaufnahmen und einer Verfügung über die Domain rechnen mußte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6 ZPO.