Gericht: | Oberlandesgericht Düsseldorf |
Aktenzeichen: | I-20 U 1/08 |
Entscheidungsdatum: | 03.02.2009 |
Normen: | MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 96; DENIC-Domainrichtlinien (Ziff. 8); ZPO §§ 174 ff.; BGB § 167 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.11.2007 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Sie hat den Beklagten, der als Admin-C für die Domain n.de benannt gewesen ist, durch anwaltliches Schreiben vom 21.05.2007 darauf hinweisen lassen, dass ihre Rechte an der deutschen Wortmarke Nr. … n.de durch den Domainnamen n.de verletzt würden. Der Beklagte hat die geforderte Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 30.05.2007 abgegeben und für die Freigabe der Domain durch den Domaininhaber, eine in Dubai ansässige Firma H., gesorgt. Die Zahlung der von der Klägerin aufgewandten Abmahnkosten verweigert der Beklagte, weil er die Voraussetzungen einer Störerhaftung nicht für gegeben hält.
Das Erstgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.379,80 € Abmahnkosten verurteilt. Es hat in Bezug auf die Zeichen n.de und n.de die Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Die Haftung des Beklagten ergebe sich daraus, dass er auch ohne Abmahnung verpflichtet gewesen wäre zu prüfen, ob durch die Domain, für die er als Admin-C benannt ist, Rechte Dritter verletzt würden. Da ein ausländisches Unternehmen eine Domain bei der DENIC nach ihren Bestimmungen nur registrieren lassen kann, wenn es einen Admin-C mit Sitz im Inland benennt, habe der Beklagte dadurch, dass er bereit war, als Admin-C zu fungieren, erst die Möglichkeit der Eintragung der streitgegenständlichen Domain und damit der Rechtsverletzung geschaffen. Der Beklagte habe es selbst zu vertreten, wenn er sich nicht über die jede Domaineintragung vom Inhaber informieren lasse. Er sei auch rechtlich in der Lage, die Rechtsverletzung zu verhindern, da er nach den DENIC-Richtlinien für sämtliche die Domain betreffende Angelegenheiten entscheidungsberechtigt sei.
Mit der Berufung gegen das landgerichtliche Urteil erstrebt der Beklagte eine Klageabweisung. Er hält die für die Abmahnung aufgewandten Kosten nicht für erforderlich, da die Klägerin die Abmahnung durch ihre eigene Rechtsabteilung hätte abfassen lassen können.
Zur Frage seiner Haftung als Admin-C wiederholt und vertieft der Beklagte seine bereits erstinstanzlich dargelegte Rechtsauffassung. Er weist nochmals darauf hin, dass er in den Registrierungsprozess nicht eingebunden gewesen sei und keine Kenntnis von der Registrierung und Nutzung der Domain gehabt habe. Eine generelle Prüfungspflicht bestehe nicht und sei auch für die bloße Bereitstellung einer Internetplattform vom Bundesgerichtshof verneint worden. Schließlich sei es auch nicht gerechtfertigt, den Inlandsvertreter nach § 96 MarkenG für Kennzeichenverletzungen nicht haften zu lassen, den Admin-C hingegen doch.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 28.11.2007 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene erstinstanzliche Urteil. Sie hält die von ihr aufgewandten Anwaltskosten für erforderlich. Die Verfolgung von Markenrechtsverletzungen gehöre keineswegs zu den ureigenen Aufgaben eines kaufmännischen Unternehmens, weshalb sie anwaltliche Vertretung habe in Anspruch nehmen dürfen, zumal sie nicht damit habe rechnen können, dass eine von ihr selbst verfasste Abmahnung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung durch den Beklagten führen würde.
Der Beklagte habe durch seine Bereitschaft, als Admin-C zu fungieren erst die Eintragung der streitgegenständlichen Domain und mithin die Rechtsverletzung auf Seiten der Klägerin ermöglicht. Aufgrund der Registrierungsbedingungen habe der Beklagte die rechtliche Möglichkeit, auf den Eintragungsinhalt und Domainnamen Einfluss zu nehmen. Der Beklagte habe pflichtwidrig jede Prüfung unterlassen, wie sie hier insbesondere deshalb angezeigt gewesen wäre, weil er – ebenfalls als Admin-C bereits durch ein Verfahren, das die Parteien im Jahre 2007 vor dem Landgericht Frankfurt/Main ausgetragen haben, auf eine Verletzung der Marke der Klägerin durch die Domain „n.-b.de“ hingewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Abmahnkosten erforderlich gewesen sind; eine Haftung des Beklagten kommt schon grundsätzlich nicht in Betracht.
Das Landgericht hat eine Störerhaftung des hier verklagten Admin-C in Anlehnung an die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (MMR 2004, 38, 39) für die durch den Domainnamen begangene Rechtsverletzung bejaht; als Tatbeitrag hat es (wie auch das OLG Stuttgart) angesehen, dass sich der Beklagte mit seinem Willen als Kontaktperson bei der DENIC habe angeben lassen und damit dem ausländischen Domaininhaber erst die Möglichkeit der Registrierung, die die Benennung eines Admin-C mit Sitz im Inland erfordert, eröffnet habe. Aufgrund der Registrierungsbedingungen habe der Beklagte rechtlich die Möglichkeit der Einwirkung auf die Domain gehabt.
Der Senat folgt dieser Auffassung nicht, sondern schließt sich der Meinung des Oberlandesgerichts Köln (GRUR-RR 2009, 27-29) an. Aus der Funktion und Aufgabenstellung des Admin-C lässt sich keine Haftung gegenüber Dritten für Rechtsverletzungen durch den Domainnamen begründen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2004, 860 – Internet-Versteigerung I; GRUR 2007, 708, 711 – Internet-Versteigerung II) haftet im Fall der Verletzung absoluter Rechte derjenige als Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Letzteres ist unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung des unmittelbar handelnden Dritten zu beurteilen, wobei die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer bestimmten Domainbezeichnung grundsätzlich zunächst allein in den Verantwortungsbereich des Anmelders fällt (BGH GRUR 2001, 1038, 1040 – ambiente).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist in Bezug auf die Funktion und Aufgabenstellung des Admin-C folgendes festzustellen:
Der Admin-C, der administrative Ansprechpartner, übt keine gesetzlich geregelte Funktion aus. Er ist (neben dem Technischen Kontakt, Tech-C und dem Betreuer des Name-Servers, Zone-C) die als Ansprechpartner zu benennende natürliche Person in dem Vertragsverhältnis zwischen Domaininhaber und der zuständigen Registrierungsstelle für Internet-Domains, bei „de“-Domains der DENIC.eG. In den DENIC-Domainrichtlinien (Ziff. 8) heißt es:
Der administrative Ansprechpartner (Admin-C) ist die vom Domaininhaber benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden, und die damit den Ansprechpartner DENICS darstellt. … Sofern der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland hat, ist der Admin-C sogleich dessen Zustellungsbevollmächtigter im Sinne von §§ 174 ff. ZPO; er muss in diesem Fall seinerseits in Deutschland ansässig sein und mit seiner Straßenanschrift angegeben werden.
Soweit die Domainrichtlinien also die Aufgaben des Admin-C damit beschreiben, dass er sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindliche entscheiden kann, ist damit allein festgelegt, dass er der DENIC gegenüber für den materiell Berechtigten als Stellvertreter auftritt. Seine dieses Vertragsverhältnis betreffenden Willenserklärungen entfalten (vertragliche) Wirkungen allein und unmittelbar für den Vertretenen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Bevollmächtigung hier nach § 167 BGB durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erfolgt, nämlich durch Benennung gegenüber der DENIC; der Bevollmächtigte ist in diesen Übermittlungsakt nicht einmal einbezogen (Wimmers/Schulz, CR 2006, 254, 255).
Aus Vorstehendem wird deutlich, dass sich der Pflichtenkreis des Admin-C allein auf das Innenverhältnis zwischen Domaininhaber und der DENIC bezieht, die den Registrierungsvertrag, in den die Domainrichtlinien einbezogen sind, schließen und an dem der Admin-C ebenso wenig beteiligt ist wie an seiner Benennung, die einseitig durch den Domaininhaber erfolgt. Schon diese rechtliche Konstellation verbietet es, (Prüfungs-)Pflichten des Admin-C im Außenverhältnis zu Dritten anzunehmen. Vielmehr ist allein der Anmelder für die Zulässigkeit einer bestimmten Domainbezeichnung verantwortlich (BGH GRUR 2001, 1038, 1040 – ambiente), wobei es rechtlich unerheblich ist, ob er im Inland oder Ausland seinen Sitz hat. Dass durch im Ausland ansässige und nur schwer haftbar zu machende Firmen, die als Domain-Inhaber vorgeschoben werden, Rechtsverletzungen begangen werden und ein Missbrauch des Systems betrieben wird, ist nicht zu billigen, rechtfertigt aber nicht den Rückgriff auf eine Person, die außerhalb des Vertragsverhältnisses, aus dem heraus die Rechtsverletzung geschieht, steht. Der Admin-C hätte dann nämlich auch in tatsächlicher Hinsicht weiterreichende Aufgaben, als nur Ansprechpartner gegenüber der DENIC zu sein. Er müsste sich vor Registrierung eines jeden Domainnamens davon unterrichten lassen und gegebenenfalls umfangreiche Recherchen zur Verletzung von Rechten Dritter vornehmen. Unternehmen, die sich auf die Beratung und Betreuung von Firmen in Bezug auf deren Internetpräsenz spezialisiert haben und in diesem Rahmen auch die jeweiligen Admin-C-Funktionen durch ihre Mitarbeiter ausüben lassen, könnten nicht mehr mit einem automatisierten Verfahren arbeiten und müssten für ihren erheblich größeren personellen Aufwand weitaus höhere Vergütungen verlangen, als sie derzeit üblich sind.
Eine Haftung des Beklagten als Admin-C ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass er Kenntnis hatte von der Verletzung von Markenrechten der Klägerin durch die Domain n.-b.de, für die er ebenfalls als Admin-C fungiert hat. Allein die Kenntnis von einer durch einen Dritten (den Domaininhaber) begangenen Markenverletzung vermag eine Mithaftung dafür nicht zu begründen (was aber offensichtlich das LG Frankfurt/Main in dem Beschluss vom 14.05.2007 – 3-11 O 12/07 – so gesehen hat). Aus der Stellung als Admin-C ergeben sich auch bei Kenntnis von einer vorangegangenen Rechtsverletzung aufgrund der oben dargelegten Erwägungen keine Prüfungspflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 zuzulassen, weil die Sache, wie die Häufung von Rechtsstreitigkeiten gegen sog. administrative Ansprechpartner wegen Rechtsverletzungen durch die Domain, für die sie benannt sind, zeigt, grundsätzliche Bedeutung hat. Darüber hinaus ist die obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage uneinheitlich und nicht höchstrichterlich geklärt.
Streitwert zweite Instanz: 1.379,80 €.