Gericht: | OLG Frankfurt a.M. |
Aktenzeichen: | 6 U 153/05 |
Entscheidungsdatum: | 14.06.2006 |
Normen: | ZPO § 91 a Abs. 1; MarkenG § 4 Nr. 2, § 5 Abs. 3, § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 |
Wird ein Domainname lediglich als bloße Adressbezeichnung verwendet, so kommt ein Werktitelschutz regelmäßig nicht in Betracht, da sich hierzu der Domainname im lnternetauftritt in einer titelmäßigen Verwendung wiederfinden lassen muss.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch (…) am 14.06.2006
beschlossen:
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat die Klägerin die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.
Gründe:
Nachdem die Parteien das Eilverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war lediglich noch über die Kosten zu entscheiden. Diese Entscheidung war nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen (§ 91 a Abs. 1 ZPO). Danach waren die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, weil sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen gewesen wäre.
Auf der Grundlage des bis zu der übereinstimmenden Erledigungserklärung unterbreiteten Sach- und Streitstandes stehen der Klägerin gegenüber der für eine Internet-Domain benutzten Bezeichnung „hobbyhurenmagazin.de“ keine Unterlassungsansprüche zu. Im einzelnen ergeben sich die geltend gemachten Unterlassungsansprüche weder aus dem Vertrieb des Druckerzeugnisses „Hobbyhure“ durch die Klägerin (s.u. Ziff. 1) noch aus der eingetragenen Wortmarke „Hobbyhure“ (s.u. Ziff. 2), noch aus dem Betrieb der Internet-Domain „hobbyhuren-magazin.de“ (s.u. Ziff. 3).
1.
Die Klägerin mag durch den Vertrieb des Druckerzeugnisses „Hobbyhure“ in den Jahren 1999 und 2000 entsprechende Titelschutzrechte gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG erworben haben. Ob der Werktitelschutz in der Folgezeit Bestand hatte, ist hingegen zweifelhaft, da nach dem Heft Nr. 3 über einige Jahre hinweg, bis 2005, kein weiteres Heft mehr erschien. Der Titelschutz endet mit Aufgabe des Gebrauchs (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 5 Rdnr. 98); § 25 MarkenG findet insoweit keine Anwendung.
Sollte gleichwohl ein prioritätsälteres Werktitelrecht der Klägerin zu bejahen sein, so fehlt es jedenfalls an einer Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Bezeichnung „hobbyhurenmagazin.de“ (§ 15 Abs. 2 MarkenG).
Das Wort „Hobbyhure“ stellt sich nach dem vorliegenden Prozessstoff als eine derbanschauliche Umschreibung für eine Frau dar, die gelegentlich der Prostitution nachgeht, durch Prostitution aber nicht ihren Lebensunterhalt bestreitet. In diesem Sinne wird der Begriff „Hobbyhure“ in den zur Akte gereichten Presse- und Internetpublikationen in großer Häufigkeit beschreibend gebraucht. Folgerichtig wurden für diesen Begriff über die Suchmaschine „Google“ ausweislich der Anlage B 2 etwa 651.000 Treffer erzielt, darunter auch eine einschlägige Definition in dem Nachschlagwerk „www.bordellführer.de“. Wenngleich somit das Wort „Hobbyhure“ nach dem Sprachverständnis der angesprochenen Verkehrskreise für eine Gelegenheitsprostituierte glatt beschreibend ist, mag es gleichwohl als Bezeichnung für ein einschlägiges Druckerzeugnis eine gewisse, allerdings geringe, Unterscheidungskraft besitzen. Eine Stärkung der von Haus aus geringen Kennzeichnungskraft durch Benutzung ist nicht dargetan, zumal vor dem Kollisionszeitpunkt überhaupt nur drei Ausgaben der Zeitschrift „Hobbyhure“ erschienen waren.
Neben der Kennzeichnungskraft des älteren Titels zählen die Ähnlichkeit der Titel und die Werknähe zu den Faktoren, auf die es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ankommt. Wenn Titelschutzansprüche aufgrund eines Zeitschriftentitels geltend gemacht werden, ist darüber hinaus auf die Marktverhältnisse, insbesondere auf Charakter und Erscheinungsbild der jeweiligen Publikationen abzustellen; Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform haben ebenfalls Einfluß auf die Verwechslungsgefahr (vgl. BGH, WRP 2000, 533, 534 – FACTS; WRP 2002, 89, 90 f. -Auto Magazin). Bei Zeitschriftentiteln, die geringe Kennzeichnungskraft aufweisen, können bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen ausreichen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen (BGH, WRP 2002, 89, 91 – Auto Magazin).
Danach führen im vorliegenden Fall, bei nur geringer Kennzeichnungskraft des prioritätsälteren Zeitschriftentitels der Klägerin, trotz identischer Werkkategorie die hinsichtlich der gegenüberstehenden Titel und auch der jeweiligen Erscheinungsweise bestehenden Unterschiede zu einer Verneinung einer Verwechslungsgefahr. Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der durch die Herausgabe einer Zeitschrift entstandene Werktitelschutz nicht gegen einen anderen Zeitschriftentitel, sondern gegen einen Internetauftritt bzw. eine lnternetdomain geltend gemacht wird.
Vor allem aber ist die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nur gering, weil der Bestandteil „Hobbyhure(n)“ in der angegriffenen Bezeichnung „hobbyhurenmagazin.de“ nicht allein prägend ist. Dieser Einschätzung steht der beschreibende Charakter des Bestandteils „magazin“ nicht zwingend entgegen, denn auch selbstständig nicht schutzfähige Bestandteile können zur Prägung eines Gesamteindrucks beitragen (vgl. Senat, GRUR-RR 2003,69 – BranchenKompass). Maßgebend ist im vorliegenden Fall, dass beide Bestandteile der angegriffenen Bezeichnung sinnfällig aufeinander bezogen und in dieser Kombination beschreibend für das präsentierte „Werk“, nämlich eine Kontaktplattform für Gelegenheitsprostitution, sind.
Eine alleinige Prägung der Gesamtbezeichnung durch den Bestandteil „hobbhure(n)“ scheidet demzufolge aus.
2.
Auch auf die eingetragene Wortmarke „Hobbyhure“ können die geltend gemachten Unterlassungsansprüche im Ergebnis nicht mit Erfolg gestützt werden. Die Klägerin, die nicht selbst Markeninhaberin ist, mag als Lizenznehmerin aktivlegitimiert oder zumindest als Prozessstandschafterin prozessführungsbefugt sein. Ein Anspruch scheitert aber auch hier wieder an der fehlenden Verwechslungsgefahr.
Bei bestehender großer Dienstleistungsähnlichkeit oder sogar Dienstleistungsidentität sind die Kennzeichnungskraft der Klagemarke und der Grad der Zeichenähnlichkeit gering, weshalb eine Verwechslungsgefahr letztlich zu verneinen ist.
Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist, soweit der Bereich der Vermittlung von Sexualkontakten berührt ist, wegen der beschreibenden Anklänge von Haus aus gering.
Eine Stärkung der Kennzeichnungskraft durch Benutzung ist nicht substantiiert dargetan. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang es durch den Betrieb einer Kontaktplattform im Internet (vgl. Anlage K 3), in der das Wort „Hobbyhure“ sowohl markenmäßig (mit dem Zusatz @) als auch glatt beschreibend (z.B.: „Hobbyhuren Suche“, „Als Hobbyhure inserieren“ usw.) gebraucht wird, gelungen ist, einem nennenswerten Prozentsatz der angesprochenen lnternetteilnehmer das Wort „Hobbyhurei“ als betrieblichen Herkunftshinweis nahezubringen.
Die Zeichenähnlichkeit ist wiederum gering, da der Bestandteil „Hobbyhure(n)“ in der angegriffenen Bezeichnung „hobbyhurenmagazin.de“ nicht allein prägend ist. Im Ergebnis genügt die vorhandene Zeichenähnlichkeit nach der Einschätzung des Senats nicht, um eine Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG annehmen zu können.
3.
Aus dem Betrieb der Domain „hobbyhuren-magazin.de“, die nicht auf die Klägerin, sondern auf „M… S… Computer“ registriert ist, ergeben sich ebenfalls keine kennzeichenrechtlichen Unterlassungsansprüche der Klägerin.
Zunächst sind die Voraussetzungen für die Entstehung einer Benutzungsmarke (§ 4 Nr. 2 MarkenG) nicht dargetan. Die insoweit erforderliche Verkehrsgeltung müsste bereits im Kollisionszeitpunkt bestanden haben. Hierzu fehlt es an substantiiertem Vortrag. Unzureichend ist die einfache Behauptung, unter Kontaktsuchenden sei die Seite der Klägerin zu 40 bis 50% bekannt. Abgesehen davon, dass jeder stützende Vortrag zu dieser Prozentangabe fehlt und nicht vorgetragen wird, zu welchem Zeitpunkt dieser Durchsetzungsgrad erreicht worden sein soll, genügt angesichts des beschreibenden Charakters der Bezeichnung schon der Prozentsatz als solcher nicht.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass es sich bei der Wortfolge „hobbyhurenmagazin.de“- zum Kollisionszeitpunkt – um eine besondere Geschäftsbezeichnung gehandelt habe (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Die Annahme, durch die Benutzung eines Domainnamens sei ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen erworben worden, liegt dann nahe, wenn der Verkehr in der als Domainname gewählten Bezeichnung nichts Beschreibendes, sondern nur einen Herkunftshinweis erkennen kann (vgl. BGH, WRP 2005, 338, 340 – soco.de). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall offenkundig nicht erfüllt.
Davon abgesehen fehlt es selbst bei einem Domainnamen, der an sich geeignet ist, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen, an einem Herkunftshinweis, wenn der Domainname lediglich als Adressbezeichnung verwendet wird (BGH, a.a.0.). So verhält es sich hier, da der über den Domainnamen „hobbyhuren-magazin.de“ zugängliche Internetauftritt der Klägerin nicht unter dieser Bezeichnung, sondern unter der markenmäßig ausgestalteten Überschrift „Hobbyhure“ präsentiert wird.
Ferner besitzt die Wortfolge „hobbyhuren-magazin.de“ ohnehin keine originäre Kennzeichnungskraft als besondere Geschäftsbezeichnung. Verkehrsdurchsetzung ist auch insoweit nicht substantiiert dargetan.
Schließlich kommt noch ein Werktitelschutz in Betracht, der für Domainnamen bzw. Websites dann bestehen kann, wenn der Website-Inhalt auch außerhalb des Internets titelschutzfähig wäre (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., nach § 15 Rdnr. 124) und wenn – hier zweifelhaft – ein Mindestmaß an Kennzeichnungskraft besteht.
Eine bloße Adressbezeichnung kann für eine Benutzung als Werktitel jedoch nicht ausreichen. Vielmehr muss sich der Domainname im lnternetauftritt in einer titelmäßigen Verwendung wiederfinden lassen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die Website, wie oben bereits erwähnt, unter der Überschrift „Hobbyhure“, nicht „Hobbyhuren-Magazin“, steht. Davon abgesehen ist schließlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst nicht Domaininhaberin ist. Insoweit hat die Klägerin auch keinen Lizenzvertrag oder eine Erklärung der Domaininhaberin vorgelegt, woraus sich die Aktivlegitimation oder die Prozessführungsbefugnis der Klägerin ergeben könnte.