Internetrecht wegen Rechtsverletzungen

Bedeutung der Abmahnung. Die Abmahnung ist ein wichtiger Bestandteil des in der deutschen Rechtspraxis entwickelten Systems, Streitigkeiten über Unterlassungspflichten nach erfolgten Schutzrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstößen ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu regeln.  Sie ist bei Rechtsverletzungen im Internet ebenso wie bei herkömmlichen kennzeichen-, urheber-und wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen üblich und geeignet, verhältnismäßig kostengünstig eine außergerichtliche Erledigung zu bewirken.

Im Falle einer (drohenden) Rechtsverletzung ist der Verletzte nicht verpflichtet, den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abzumahnen. Die Abmahnung  ist  aber erforderlich, wenn der Verletzte nicht das Risiko eingehen will, dass der Verletzer im gerichtlichen Verfahren den Unterlassungsanspruch sofort anerkennt, § 93 ZPO, was zur Folge hat, dass die Verfahrenskosten vom Verletzten zu tragen sind. 

Form und Inhalt der Abmahnung. Die Abmahnung wegen der Verletzung von Urheberrechts-, Wettbewerbsrechts- und Kennzeichenrechtsverletzungen wird aus Gründen der Beweisbarkeit in aller Regel schriftlich erklärt, unterliegt rechtlich jedoch keinem Formzwang und kann daher  auch per Telefax,  E-Mail, mündlich (z.B. unter Anwesenden auf einem Messestand) oder telefonisch erfolgen. Macht der Verletzte von der Möglichkeit der telefonischen Abmahnung Gebrauch, so ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass die Abmahnung den inhaltlichen Anforderungen genügt, d.h. dass sie den Abgemahnten in die Lage versetzt, ihre Berechtigung zu überprüfen und durch entsprechendes Verhalten die Klage zu vermeiden.

Erforderliche Bestandteile der Abmahnung sind insbesondere:
• Darstellung des beanstandeten Sachverhalts
• möglichst konkrete Bezeichnung der Rechtsverletzung
• Darstellung der Aktivlegitimation, d.h. der Berechtigung, den Anspruch geltend zu machen
• Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
• Androhung gerichtlicher Schritte, sofern die geforderte Unterlassungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben wird. 

Verhalten des Abgemahnten. Auch im Bereich des Internetrechts werden erfahrungsgemäß nicht selten unberechtigte Abmahnungen ausgesprochen. Wer eine Abmahnung wegen einer angeblichen Rechtsverletzung im Internet erhalten hat, sollte vor Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unbedingt von einem im Internetrecht versierten Anwalt prüfen lassen, ob der Vorwurf der Rechtsverletzung begründet und die Abmahnung zu Recht erfolgt ist.  
Strafbewehrte Unterlassungserklärung. Ist der Vorwurf der Rechtsverletzung begründet, sollte die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung in jedem Fall innerhalb der geforderten Frist abgegeben werden. Eine nach Ablauf einer angemessenen Frist eingehende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nimmt zwar den Anlass zur Klage, gibt dem Abmahnenden jedoch einen Anspruch auf Ersatz etwaig bereits entstandener Prozesskosten.

Will sich der Abgemahnte  dem Unterlassungsanspruch nur deshalb unterwerfen, weil er an der Fortsetzung der angeblich rechtswidrigen Handlungen kein Interesse mehr hat und einem Streit vor Gericht aus dem Wege gehen möchte, so empfiehlt es sich, die Unterlassungserklärung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ sowie „ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“ abzugeben und damit deutlich zu machen, dass der Unterlassungsanspruch nicht anerkannt wird. In diesem Fall muss im Streit um die Abmahnkosten geklärt werden, ob die behauptete Rechtsverletzung tatsächlich vorlag und die Abmahnung daher berechtigt war.

Höhe der Vertragsstrafe. Bei der Bemessung einer angemessenen Vertragsstrafe kommt es auf die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zwecks der Vertragsstrafe an, künftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Dabei spielen vor allem Art, Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung, das Verschulden des Verletzers sowie die Schwere des Verstoßes eine Rolle. Zusätzlich sind auch Umsätze, wirtschaftliche Größe und finanzielle Situation des verletzenden Unternehmens zu berücksichtigen. Nicht zu empfehlen ist die Kürzung der verlangten Vertragsstrafe, da dadurch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung begründet werden können und der Abmahnende dann trotz der vorliegenden Unterlassungserklärung zu einem Antrag auf einstweilige Verfügung berechtigt sein kann. Wer die abgegebene Unterlassungserklärung einhalten will, braucht die angedrohte Vertragsstrafe unabhängig von der Höhe sowieso nicht zu fürchten.

Unbegründete Abmahnung. Ist die Abmahnung unbegründet, besteht nach der Rechtsprechung zwar keine Antwortpflicht, es empfiehlt sich im Interesse der Klarstellung jedoch, diese ausdrücklich mit kurzer Begründung abzulehnen.

Um gerichtlich feststellen zu lassen, dass der Vorwurf der Rechtsverletzung unbegründet ist, ist der Abgemahnte berechtigt, gegen den Abmahnenden mit der positiven oder negativen Feststellungsklage vorzugehen. Er ist dabei nicht verpflichtet, zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO zuvor eine Gegenabmahnung auszusprechen, wenn nicht ausnahmsweise ein besonderer Grund für die Gegenabmahnung vorliegt.  Ein solcher besonderer Grund ist von der Rechtsprechung z.B. dann angenommen worden, wenn die zu Unrecht erteilte Abmahnung ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des Abmahnenden gerechnet werden kann oder wenn seit der Abmahnung längere Zeit verstrichen ist, ohne dass der Abmahnende die angedrohte Klage erhoben hätte. Nur in solchen Fällen entspricht eine Gegenabmahnung dem mutmaßlichen Willen und Interesse des Abmahnenden und der Abgemahnte kann die Kosten der
Gegenabmahnung nach den §§ 683, 670 BGB ersetzt verlangen. 

Rechnet der Abgemahnte damit, dass der Abmahnende den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen wird, kann es sich empfehlen, bei dem Gericht, das der Abmahnende vermutlich anrufen wird, eine Schutzschrift zu hinterlegen, in der der Abgemahnte die Gründe vorträgt, die gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung sprechen. Durch eine solche Schutzschrift verschafft er sich rechtliches Gehör und verhindert, dass es ohne seine Anhörung zum Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt.

Anwaltskosten. Grundsätzlich ist anerkannt, dass dem Abmahnenden gegen den Abgemahnten ein Kostenerstattungsanspruch zusteht, wenn die Abmahnung berechtigt ist. Die Höhe der Kosten hängt bei Rechtsverletzungen im Internet vom Gebührenstreitwert ab, der vom Gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen geschätzt wird.  Für die Schätzung des Streitwerts durch das Gericht ist ausschließlich das wirtschaftliche Klägerinteresse an der Anspruchsverwirklichung maßgeblich.  Den Parteiangaben kommt nur indizielle Bedeutung zu.

Für die Abmahnung wegen Markenrechts, Urheberrechts und Wettbewerbsrechtsverletzungen ist eine 1,3  Geschäftsgebühr gemäß § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) i.V.m. Nr. 2400 VV als angemessen anerkannt.
 
Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten. Erstattungsfähig sind die Kosten derjenigen Handlungen des zu Recht Abmahnenden, die zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung erforderlich waren. Ob die Einschaltung eines Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, ist eine Frage des Einzelfalles. Schon bei Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die in der Lage sind, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Rechtsverletzungen ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, sieht die Rechtsprechung die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Abmahnung eines solchen Verstoßes als nicht erforderlich an.