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Begriff und Funktion des „Keyword-Advertising“
Der Begriff „Keyword-Advertising“ bezeichnet eine Werbeform, die es Unternehmen und Werbetreibenden ermöglicht, kostenpflichtig auf der Website eines Suchmaschinenbetreibers kurze Anzeigetexte zu schalten, die passend zu einem vom Internetnutzer eingegebenen Suchbegriff im Rahmen des Suchergebnisses angezeigt werden, (kontext-sensitive Werbung). Der Werbetreibende bucht dazu sog. „Keywords“ bei dem Suchmaschinenbetreiber, z.B. sog. „AdWords“ bei Google. Bei inhaltlichem Bezug oder Identität des vom Internetnutzer eingegebenen Suchbegriffs mit einem „Keyword“ wird die vom Werbetreibenden geschaltete Anzeige neben den eigentlichen Suchergebnissen gelistet, etwa im Feld „Anzeige“ bei der Suchmaschine „Google“ oder unter „Sponsoren-Links“ bei der Suchmaschine „Yahoo“. Es ist es nicht notwendig, dass das „Keyword“ selbst in der Werbeanzeige erscheint.
Mögliche Markenverletzung durch „Keyword-Advertising“. Buchen Werbetreibende Marken oder sonst kennzeichenrechtlich geschützte Bezeichnungen Dritter als „Keywords“ in Verbindung mit den von ihnen beauftragten Werbeanzeigen, stellt sich die Frage, ob darin eine Markenverletzung liegt, insbesondere, ob die Verwendung einer fremden Marke als „Keyword“ überhaupt eine „Benutzung“ der Marke i.S.d. Markengesetzes ist und unter welchen weiteren Voraussetzungen eine Markenverletzung anzunehmen ist.
Nachdem diese Fragen von der Rechtsprechung zunächst nicht einheitlich beurteilt und auch in der Literatur kontrovers diskutiert worden waren, hatte der EuGH in den Jahren 2010 und 2011 aufgrund von Vorlagebeschlüssen des BGH und mehrerer nationaler Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten die Gelegenheit, Grundsätze für die Beurteilung der genannten Fragen vorzugeben.
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EuGH zur Markenverletzung durch „Keyword-Advertising“
Die wesentlichen Feststellungen des EuGH lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Die Verwendung eines als Marke für einen Dritten geschützten Zeichens als „Keyword“ durch einen Werbetreibenden stellt eine Benutzung des Zeichens „für Waren und Dienstleistungen“ i.S.d. des Markengesetzes dar, und zwar auch dann, wenn das Zeichen in der mit dem „Keyword“ verbundenen Anzeige nicht erscheint, die Verwendung der „Keywords“ also nach außen, d.h. für Internetnutzer, nicht ersichtlich ist. Auch in diesen Fällen werde das für einen Dritten als Marke geschützte Zeichen dazu benutzt, den Internetnutzern eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers vorzuschlagen. Die Verwendung des als Marke für einen Dritten geschützten „Keywords“ diene somit auch der Identifizierung des Waren- oder Dienstleistungsangebots des Werbetreibenden. Darin liege eine Benutzung des Keywords für die Waren und Dienstleistungen des Werbetreibenden.
2. Weitere Voraussetzung für die Annahme einer Markenverletzung ist nach der Rspr. des EuGH, dass die Benutzung als Keyword die Funktionen der Marke beeinträchtigt. Insoweit ist zu differenzieren:
a) In den sog. „Doppelidentitätsfällen“ i.S.v. Art. 5(1)(a) MarkenRL (§ 14 II Nr. 1 MarkenG), in denen sowohl das als Keyword benutzte Zeichen mit der für den Dritten geschützten Marke als auch die vom Werbetreibenden angebotenen Waren bzw. Dienstleistungen mit den von der Marke des Dritten beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen identisch sind, kann die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion oder der mittlerweile vom EuGH anerkannten Qualitäts-, Kommunikations-, Werbe-, oder Investitionsfunktion eine Markenverletzung begründen. Eine Beeinträchtigung der Werbefunktion hat der EuGH in den bisher entschiedenen Fällen nicht angenommen, da bei Eingabe des als Marke geschützten Begriffs als Suchwort durch den Internetnutzer auch der Markeninhaber mit seinem Angebot in der Liste der natürlichen Ergebnisse erscheine, zumeist an einer der vordersten Stellen dieser Liste. Aufgrund dieser Anzeige sei die Sichtbarkeit der Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers für den Internetnutzer gewährleistet, unabhängig davon, ob ein Dritter aufgrund der Buchung des Keywords eine Anzeige für die von ihm angebotenen Waren bzw. Dienstleistungen in der Rubrik „Anzeigen” an erster Stelle platzieren könne. Diese Feststellungen sind jedoch auf Kritik gestoßen, insbesondere weil die Sichtbarkeit in den natürlichen Ergebnissen regelmäßig nur bei bekannten Marken gewährleistet sei. Ob und wann Keyword-Advertising die Werbefunktion einer Marke verletzt, lässt sich daher noch nicht abschließend beurteilen, zumal der Begriff der neuerdings als rechtlich erheblich anerkannten Werbefunktion noch keine konkrete Kontur hat.b) Sowohl in den Doppelidentitätsfällen als auch in den Fällen der Ähnlichkeit zwischen dem als Keyword gebuchten Begriff und der Marke eines Dritten i.S.v. Art. 5(1)(b) MarkenRL (§ 14 II Nr. 2 MarkenG) kann eine Verletzung der Marke des Dritten angenommen werden, wenn durch die Verwendung des Keywords deren Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird. Dies ist nach der neueren Rechtsprechung des EuGH dann der Fall, wenn die Gestaltung der Anzeige des Dritten „suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht“, oder aber eine solche wirtschaftliche Verbindung zwar nicht suggeriert wird, die Anzeige des Werbetreibenden aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen „so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbetreibende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist“.
Der EuGH überlässt es den nationalen Gerichten, im Einzelfall zu entscheiden, ob der Verkehr der vom EuGH geforderten Herkunftsverwirrung unterliegt.
c) Der Inhaber einer bekannten Marke i.S.v. Art. 5 (2) MarkenRL (§ 14 II Nr. 3 MarkenG) kann es einem Mitbewerber verbieten, anhand eines dieser Marke entsprechenden Keywords zu werben, wenn der Mitbewerber damit die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder wenn in der genannten Werbung eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke liegt. Der Fall der unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung der Marke kann dabei insbesondere dann gegeben sein, wenn der Werbende im Internet mittels der Benutzung von Schlüsselwörtern, die bekannten Marken entsprechend, Waren zum Verkauf anbietet, die Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marken sind.
3. Der EuGH hat weiter festgestellt, dass der Betreiber einer Suchmaschine, der ein mit einer geschützten Marke identisches Zeichen als Keyword speichert und dafür sorgt, dass auf dieses Keyword hin Anzeigen gezeigt werden, dieses Zeichen nicht i.S.v. Art. 5 (1) und (2) MarkenRL (§ 24 II Nr. 1, 2 und 3) selbst benutzt.
4. Schließlich hat der EuGH festgestellt, dass zugunsten des Suchmaschinenbetreibers Art. 14 ECommerceRL Anwendung findet, d.h. dass der Suchmaschinenbetreiber für Daten, die er auf Anfrage eines Werbenden gespeichert hat, wie eben für Keywords, nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, es sei denn, er hat die Informationen nicht unverzüglich entfernt oder den Zugang zu ihnen gesperrt, nachdem er von der Rechtswidrigkeit dieser Informationen oder Tätigkeiten des Werbenden Kenntnis erlangt hat. Dies gilt nach der Auffassung des EuGH jedenfalls, solange der Suchmaschinenbetreiber keine aktive Rolle gespielt hat, die ihm eine Kenntnis der gespeicherten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte.
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BGH zur Markenverletzung durch Keyword-Advertising
Der BGH hat die Vorgaben des EuGH inzwischen in mehreren Urteilen konkretisiert. Danach ist, wenn Internetnutzern anhand eines mit einer Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselwortes eine Anzeige eines Dritten angezeigt wird (Keyword-Advertising), eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke und damit eine Markenverletzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Anzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und wenn die Anzeige selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält (BGH Urteil vom 13.12.2012 – I ZR 217/10 – Most-Pralinen).
Liegt dagegen für den angesprochenen Verkehr auf Grund eines ihm bekannten Vertriebssystems des Markeninhabers die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Dritten um ein Partnerunternehmen des Markeninhabers handelt, ist die Herkunftsfunktion der Marke bereits dann beeinträchtigt, wenn in der Werbeanzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Markeninhaber und dem Dritten hingewiesen wird (BGH Urteil vom 27.6.2013 – I ZR 53/12 – Fleurop). Im zuletzt genannten Fall hatte ein Blumenversandhändler die Marke „Fleurop“ als Keyword für eine eigene Anzeige verwendet, die weder die Marke „Fleurop“ noch einen Hinweis auf das Unternehmen der Markeninhaberin oder die unter der Marke angebotenen Waren enthielt. Der BGH bejahte eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion, weil für den angesprochenen Verkehr, aufgrund des ihm bekannten Vertriebssystems der Markeninhaberin, die Vermittlung von Blumengrüßen über ein bundesweites, aus etwa 8.000 Partnerfloristen bestehendes Netz aus Partnerunternehmen, die Vermutung naheliege, dass es sich auch bei der Keywordverwenderin um ein Partnerunternehmen der Inhaberin der Marke „Fleurop“ handele, was tatsächlich nicht der Fall sei.
In einem solchen Ausnahmefall sei ein Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber erforderlich, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke auszuschließen.