BGH bekräftigt Rechtsprechung zum weiten Umfang von Unterlassungstiteln

26.05.2020

In einem Beschluss vom 17.10.2019 (Az: I ZB 19/19 – „Diätische Tinnitusbehandlung“) hat der BGH seine kontroverse Rechtsprechung zum Umfang von Unterlassungstiteln im Einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt. Danach kann das in einem Unterlassungstitel enthaltene Verbot den Schuldner außer zum Unterlassen weiterer Vertriebshandlungen (im Sinne eines Nichtstuns) auch dazu verpflichten, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere Dritte am Weitervertrieb rechtsverletzend aufgemachter Produkte zu hindern. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar nicht für das selbstständige Handeln Dritter einzustehen. Das entbindet ihn im Rahmen seiner durch Auslegung ermittelten positiven Handlungspflicht aber nicht davon, auf Dritte einzuwirken, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt und bei denen er mit – gegebenenfalls weiteren – Verstößen ernstlich rechnen muss. Der Schuldner ist daher verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken und etwa Abnehmer aufzufordern, den Weitervertrieb von Produkten im Hinblick auf die ergangene einstweilige Verfügung vorläufig zu unterlassen.

Über das Verfassungsbeschwerde-Verfahren (Az: 1 BvR 396/18) betreffend den Beschluss des BGH vom 11.10.2018 (Az: I ZB 96/16 –„Produkte zur Wundversorgung“), in dem das vorgenannte weite Verständnis des BGH zum Unterlassungsanspruch erstmalig formuliert wurde, ist noch nicht entschieden.