Benutzung generischer Domainnamen

  • Frühere Rechtsprechung

    Während die Registrierung beschreibender Domainnamen nach der Registrierungsordnung der DENIC e.G. und unter den generischen Top-Level-Domains ungehindert möglich ist, war die rechtliche Zulässigkeit beschreibender Domainnamen im deutschen Recht lange Zeit umstritten. Eine Reihe von Instanzgerichten und ein Teil des Schrifttum hatte die Ansicht vertreten, die Verwendung solcher Domainnamen führe zu einer unlauteren Absatzbehinderung durch Abfangen potentieller Kunden und könne eine nachhaltige Beeinträchtigung des Wettbewerbs zur Folge haben. Als wettbewerbswidrig untersagt wurden die Verwendung des Domainnamens „versteigerungskalender.de“ und „zwangsversteigerungen .de“. Die Benutzung des Domainnamen rechtsanwaelte.de wurde als unlautere Absatzbehinderung im Sinne des § 1 UWG und als Verstoß gegen § 43b BRAO beurteilt, da der Inhaber des Domainnamens es seinen Mitbewerbern unmöglich mache, ihre Leistung Mandanten anzubieten, die unter der Gattungsbezeichnung im Internet suchten. Auch die Benutzung des Domainnamens „wirtschaft-online.de“ war vom OLG Frankfurt nur deshalb versagt worden, weil der zur Feststellung einer Wettbewerbswidrigkeit im Sinne des § 1 UWG erforderliche Nachweis einer unzulässigen Kanalisierungswirkung des Domainnamens im Verfügungsverfahren nicht erbracht werden konnte. Als wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden waren demgegenüber die Verwendung „startup.de“ , „lastminute.de“ , „zeitarbeit.de“ , „sauna.de“ , „autovermietung.de“ sowie „stahlguss.de“ gewertet worden.

  • Grundsatzurteil des BGH

    Die durch die unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzgerichte entstandene Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit der Benutzung von Gattungsbegriffen als Domainnamen ist mit dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs in der Sache „mitwohnzentrale.de mittlerweile beendet worden. Der Bundesgerichtshof erkennt die verbreitete Übung, Gattungsbegriffe als Domainnamen zu verwenden, als rechtmäßig an. Nach der Entscheidung stellt die Kanalisierung von Kundenströmen keinen die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umstand dar. Das beanstandete Verhalten passe – so der BGH – in keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung zur Konkretisierung des Verbots von „Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen“ (§ 1 UWG) entwickelt hat, und es gäbe auch keinen Anlass zur Bildung einer neuen Fallgruppe. Ein Verbraucher, der den Einsatz von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt dessen direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse eingebe, sei sich im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode, insbesondere über die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses, im Klaren. Damit sind die Wettbewerber hinsichtlich der Registrierung von Gattungsbegriffen allein dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität unterworfen, wenn sich eine Unlauterkeit nicht aus anderen Gesichtspunkten herleiten lässt. Der Vorteil, der demjenigen gegenüber seinen Wettbewerbern zukommt, der als erster um die Registrierung eines beschreibenden Domainnamens nachsucht, könne nicht als unlauter angesehen werden.

  • Mehrfache Registrierung eines generischen Begriffs

    . Der Bundesgerichtshof hat jedoch in einem obiter dictum klargestellt, dass die Zulässigkeit der Verwendung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen auch Grenzen hat. Zum einen könne sie missbräuchlich sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungsbezeichnung unter einer Top-Level-Domain (hier „.de“) nutzt, sondern gleichzeitig andere Schreibweisen oder die Verwendung derselben Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains blockiert (sog. Bündel- oder Clusterregistrierungen). Ein solcher Vorwurf wurde vom BGH in einem Fall in Erwägung gezogen, in dem ein Domaininhaber den Begriff „Literaturhaus“ unter vier verschiedenen Top-Level-Domains (.com, .net, .org und .de) für sich registrieren ließ. Nach Ansicht des LG Hamburg ist der Tatbestand des Behinderungswettbewerbs im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG erfüllt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei feststeht, dass die Registrierung eines an sich freihaltebedürftigen Bestandteils der Geschäftsbezeichnung eines Mitbewerbers als Domainname in mehreren unterschiedlichen Schreibvarianten in der Absicht erfolgt ist, einem Mitbewerber zu schaden. Allein die Tatsache, dass der Domaininhaber einen Allgemeinbegriff oder eine Gattungsbezeichnung in der Schreibweise mit und ohne Bindestrich oder sowohl unter der Top-Level-Domain .de als auch unter .com registriert, rechtfertigt den Vorwurf des wettbewerbswidrigen Rechtserwerbs allerdings jedoch nicht.

  • Irreführung durch generische Domainnamen

    Auch wenn die Registrierung von Allgemeinbegriffen oder Gattungsbezeichnungen grundsätzlich keine unlautere Behinderung der Mitbewerber darstellt, kann deren Verwendung als Domainnamen eine Alleinstellungswerbung begründen, wenn hierdurch der irrige Eindruck entsteht, es handele sich bei dem Domaininhaber um den alleinigen Anbieter der durch den Domainnamen beschriebenen Leistungen. Maßgebend für die Beurteilung, ob die Benutzung einer Gattungsbezeichnung als Domainname wegen einer unzutreffenden Alleinstellungsberühmung eine Irreführung im Sinne des § 5 UWG begründet, ist der Gesamteindruck, der durch den Domainnamen und die unter dem Domainnamen angebotenen Waren oder Dienstleistungen vermittelt wird. Nicht als Alleinstellungsbehauptung gewertet wurde die Registrierung der Domainnamen „autovermietung.com“ und „drogerie.de“ , da dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Internetnutzer bewusst ist, dass er bei der Eingabe eines normalen Gattungsbegriffs auch auf das Angebot eines einzelnen Anbieters stoßen oder überhaupt keine bzw. andere Inhalte als erwartet unter einer solchen Domainbezeichnung vorfinden kann. Das Gleiche gilt für die Benutzung der Domainnamen „rechtsberatung-online.de“ und „rechtsanwaelte-notar.de“ , da der durchschnittlich informierte und verständige Internet-Nutzer von vornherein weiß, dass die unter diesen Domainnamen abrufbaren Websites nicht das gesamte Angebot anwaltlicher und notarieller Dienstleistungen repräsentieren.

  • Ausräumung der Irreführung durch Hinweise auf der Website

    Zu beachten ist, dass die durch die Verwendung eines generischen Domainnamens begründeten Fehlvorstellungen einer Alleinstellungsberühmung auch dadurch verhindert werden können, dass durch einen aufklärenden Hinweis auf der Website deutlich gemacht wird, dass es sich bei dem unter dem generischen Begriff aufgefundenen Unternehmen nicht um den alleinigen Anbieter der durch den Domainnamen beschriebenen Leistungen handelt. So hielt das OLG Hamburg, an das der BGH in der Sache „mitwohnzentrale.de“ zurückverwiesen hatte, den Vorwurf der Irreführung wegen unzutreffender Alleinstellungsberühmung für unbegründet, da die beklagte Mitwohnzentrale zwischenzeitlich auf einer Unterseite darauf hinwies, dass auf der Website nur Mitglieder eines Verbandes aufgeführt würden. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Gestattung eines Links auf den Mitbewerber bestehe nicht.

Rechtsprechung:

Veröffentlichungen

Eine umfassende Darstellung der Rechtsprechung zu generischen Domainnamen finden Sie in

Bettinger (Hrsg.), Handbuch des Domainrechts: Nationale Schutzsysteme und internationale Streitbeilegung, 2. Aufl., Carl Heymanns Verlag, 2017